Tag 183

28.03.2012 Mittwoch
 

Heute sind wir seit genau ½ Jahr unterwegs und 24700 km gefahren.

 Wir frühstücken im Busch, wie immer mit Filterkaffe und einem gekochten Ei.

Zurück auf der Hauptpiste beginnen Trassierungsarbeiten für eine Teerstraße, was das Vorwärtskommen noch einmal erschwert. Ab Okoyo gibt es dann eine Asphaltstraße.
Uns fällt auf, dass das Warenangebot in den Dörfern an der Straße sehr dürftig ist. In den anderen Ländern stapelten sich Bananen, Ananas oder andere Früchte, hier im Congo liegt eine müde verlassene Ananas auf dem Tisch. Kneipen gibt es nur in den größeren Städten. Wir trinken unser erstes Congo-Bier „Primus“ in Gamboma und sind erstaunt, dass es mehr kostet, als in Gabun. Ein Polizist auf dem Moped- hier gibt es sie (Mopeds) wieder- meint, ich hätte ihm die Vorfahrt genommen, gibt sich aber mit meiner wortreichen Entschuldigung zufrieden.
Zwischen Gambona und Ngo finden wir einen schönen Platz im Busch zum Übernachten. (Holländer !) Wir stehen zwar ziemlich dicht an der Straße, es bereitet aber keine Probleme. Im Dunkeln- ab 18:15 Uhr- sehen wir einen Feuerschein am Horizont. Irgendwer hat mal wieder den Busch angezündet. Der Wind steht jedoch so, dass wir nichts befürchten.
 Ruhige Nacht, wir können schlafen.

 Tag 184

29.03.2012 Donnerstag
 

Wir fahren den Track unserer holländischen Freunde hinterher und finden die Piste, die zum Lefini Nationalpark führen soll. Wir finden sie erst, nachdem wir gefragt haben, denn eine Seenlandschaft hatten wir nicht als Piste vermutet.
Wir kämpfen uns durchs Wasser, die Piste wird trocken und mal wieder nur so breit, dass der Toyo gerade durch passt. Rechts und links wächst über zwei Meter hohes Gras.
Die Piste führt durch ein Dorf und hört auf. Nur, wer ganz genau hinsieht und fragt, findet eine zugewachsene Fahrspur im Busch. Dort geht es zum Nationalpark!
Die Piste führt zu einer Hütte, in der der Nationalparkwächter lauert. 30.000CFA will er als Eintritt haben. Das ist heftig! Im Gästebuch stellen wir fest, dass drei Tage vor uns Deutsche den Park besucht haben. Wir zahlen und fahren auf ganz üblen Pisten durch eine großartige Landschaft an einer Falaise entlang. Unten im Tal liegt ein See. Dann beginnt der Abstieg zum Fluss, den wir mit dem Untersetzergetriebe meistern. Es ist doch sehr steil. Im Basecamp, das nur über Stege und eine Pontonbrücke zu erreichen ist- alles in hervorragendem Zustand, sind wir überrascht. Schilder weisen auf verschiedene Tramperlpfade hin, Warnschilder in Englisch und Französisch bitten, sich den Gorillababys nicht zu nähern und sie nicht anzufassen. Wir sind im Gorilla sanctuary, wo Gorillababys –alles Waisen- auf die Auswilderung vorbereitet werden. An unserm Trampelpfad am Fluss sitzt eine schwarze Frau mit einem Gorillababy im Busch. Der Kleine fremdelt, wie ein Menschenkind und versteckt sich hinter seiner „Mami“. Das Basecamp besteht aus Hütten in gutem Zustand. Ein Ranger will uns eine Hütte vermieten, für 60.000CFA. Wir erklären, dass wir am See campen wollen, was den Manager des ganzen Projektes auf den Plan ruft. Also am See campen ginge gar nicht, weil eine Französin dort ihr Portemonnaie verloren habe und die Verantwortung nicht übernommen werden könne. Meine Frage nach Dieben wird verneint, die gäbe es nicht. Wir können an der Rangerstation campen, dort sei es sicher und über die Brücke kommen wir jederzeit zum Duschen. Das tun wir denn auch. Dir Rangerstation ist mit einem Soldaten besetzt, der manchmal Besuch bekommt und sich sonst langweilt. Es ist ruhig dort bei den Hütten. Wir übernachten dort. S 03.27223 E015.47459
 Wir duschen am Auto, denn Wasser gibt es nur wenig aus einer Regentonne.

Tag 185

30.03.2012 Freitag
 

Nach dem Frühstück gehen wir noch einmal zum Gorillawaisenheim und wieder sitzt die Frau mit dem Gorillababy im Busch. 10 Monate ist der       Kleine alt und ein Junge, der mal 200kg schwer sein soll. Das Baby ist verdammt menschlich, auch weil seine Farbe sich nicht von der Hautfarbe seiner Ziehmutter unterscheidet.
Für 30000CFA Eintritt haben wir ein Gorillababy gesehen und fahren zum See. Am Lac Bleu gibt es eine Hütte und eine Badeplattform. Alls ist eigentlich dafür ausgelegt, dass man dort übernachten kann. Sigrid vermutet, dass es hier doch zu nächtlichen Überfällen gekommen ist.
Wenn die schon eine Badeplattform haben (guter Zustand) dann wird man hier auch gefahrlos baden können. Also springe ich ins Wasser, Sigrids begnügt sich mit einer ausgiebigen Wäsche.
Wir setzen uns auf die Plattform und genießen den Blick auf einen afrikanischen See.
Bevor wir zurück zum Basecamp fahren, quälen wir den Toyo zur Panoramastraße. Dir Piste ist fast völlig zugewachsen und endet nach einem Kilometer an einer Betonhüttenruine, die aussieht, als sei sie gesprengt worden. Wahrscheinlich stand hier das Ausflugslokal mit Berliner Weiße und Eisbechern.
Das Wenden des Autos ist schwierig, schließlich stehen wir am Abgrund und genießen das Panorama der Steilabhänge gegenüber.
 Zurück im Basecamp wetterleuchtet es um uns herum. Das heftige Gewitter kommt dann nachts. Freundlicherweise tröpfelt es morgens um 7:00 nur noch ein wenig. Aber es ist mit 24 Grad empfindlich kalt.

Tag 186

31.03.2012 Samstag

Schlechtes Timing um in die Hauptstadt Brazzaville zu fahren. Nach 6 Monaten Afrika wissen wir, dass samstags die Post abgeht. Noch einen Tag dasselbe Gorillababy für einige Minuten gucken ist aber auch langweilig. Außerdem geht uns das Wasser im Toyo aus und an der Rangerstation bekommen wir keins.
Ich hasse es in die Hauptstädte zu fahren. In jeder gibt es neue Regeln, die nur die einheimischen Fahrer kennen, in jeder wird anders aggressiv gefahren. Und in Brazzaville erwarten wir Polizeikontrollen, die jedes Mal kassieren wollen.
Erst einmal kommen wir an eine Militärkontrolle, die die Autos kontrolliert, wie ich es von der Zonengrenze her kannte. Kofferraum auf, Rücksitzbank anheben usw. Neben uns versucht ein 8 Zylinder Landcruiser mit einem Geldschein schneller durchzukommen, was eine besonders intensive Kontrolle indiziert. Wir sind erstaunt. Unser Auto stößt bei den Soldaten auf völliges Unverständnis.
Wir suchen auf dem Weg zum Hotel Hypocampe einen Laden, in dem Bier verkauft wird und kommen in Straßen, die wegen kniehohen Schlamms undurchfahrbar sind. Die Fußgänger hüpfen durch den Dreck. So stelle ich mir das Mittelalter vor. Brazzaville hat zwar dem Präsidenten bereits zu Lebzeiten ein Denkmal errichtet, bringt es aber nicht fertig, die Straßen befahrbar zu halten. Wir pflügen im Allrad durch den Matsch bis zur nächsten Asphaltstraße.
Bier: es ist hier in diesem bitterarmen Land doppelt so teuer, wie im reichen Gabun. Unser Grundnahrungsmittel verteuert sich deutlich.
An der ersten Polizeitrillerpfeife fahre ich vorbei, woher soll ich wissen, dass die Trillerei uns gilt. Allerdings springt an der nächsten Kreuzung der Bulle direkt vors Auto. Er besieht die internationale Zulassung und kennt sich damit aus! Auch den internationalen Führerschein kennt er. Und dann behauptet er, es sei unstatthaft mit einem ausländischen Kennzeichen durch Congo zu fahren und wir müssen das Auto ummelden. Die Idee ist neu! Ich halte ihm das Carnet unter die Nase und erzähle, das Auto sei nur vorübergehend in Congo und dann kommt die Geheimwaffe: der Missionsbrief des Institutes in Franceville. Und siehe, der Typ ist wie ausgewechselt, fragt wie es uns gefällt in Congo- „natürlich hervorragend, freundliche Leute, Supergegend, korrekte Kontrollen.“ Sigrid meint, ich solle nicht übertreiben.
Wir finden- dank OSM-Karten- das Hypocampehotel S 04.27308 E 015.27759 und werden von Nikolai, dem rumänischen Motorradfahrer, den wir in Libreville trafen, begrüßt. Auch die anderen beiden sind da. Unser Schweizer Freund hatte sich in Libreville noch eine Malaria eingefangen und lag 10 Tage im Krankenhaus. Jetzt ist er wieder gut drauf und hat seine 650 BMW zerlegt, das Federbein ist im Eimer. Die drei haben über das Couchsurfing eine Wohnung gefunden, in der sie schlafen können.
Sie haben das Visum für Angola in Dolisie bekommen, nachdem Nikolai den Rumänischen Botschafter telefonisch gebeten hat, mit seiner Exzellenz dem Generalkonsul von Angola in Dolosie zu sprechen. Nikolai ist mit dem Motorrad von Dolosie nach Brazzaville gefahren und berichtet von einer Horrorpiste, auf der die LKWs im Schlamm stecken und die Piste blockieren. Die anderen beiden haben den Zug genommen, in den sie die Motorräder verladen hatten.
Wir dürfen uns vor dem Hoteleingang auf dem Parkplatz etablieren und haben eine Dusche (Wasserschlauch) und eine Toilette zur Verfügung. Alles abschließbar, der reine Luxus.
Etwas abseits steht ein deutscher HJ 60 aus Bad Kissingen, der ähnlich ausgebaut ist, wie unser Toyo. Er ist noch zugelassen und sein Besitzer will ihn wohl innerhalb drei Monate abholen. So richtig gut sieht die Kiste nicht mehr aus, die Reifen sind fast platt, der Rost frisst das Auto auf. Auch bei uns verliert der linke Hinterreifen Luft. Nicht viel aber immerhin 1,5 bar pro Tag. Ich vermute, dass das Ventil kaputt ist.
Am Abend ist der Teufel los. Im Restaurant gibt es ein tolles Buffet. Wir essen irgendwo einen Hamburger und finden um die Ecke, an der Kaserne eine Bretterbudenkneipe, wo der halbe Liter Primus 500CFA kostet. Die vielen Kalaschnikows der saufenden Soldaten irritieren ein wenig. Schon setzt sich der Patron zu uns, der versucht englisch zu sprechen. Er stellt uns seine Kinder und Enkel vor, schließlich ist er schon 47. Nachdem er unsere Story gehört hat, erzählt er sie jedem, der ihm über den Weg läuft.
 Wie immer ist es laut auf dem Hotelparkplatz, an Schlaf ist kaum zu träumen.

 

Tag 187

01.04.2012 Sonntag (Heute hat Orcmar Geburtstag (Bismarck auch) herzlichen Glückwunsch)

Wir frühstücken hinter dem Toyo und werden von allen Hotelgästen, die aus ihren Zimmern kommen und zum Frühstücksbuffet gehen, freundlich begrüßt.

Wie immer, wenn die Möglichkeit gegeben ist waschen wir unsere Wäsche, bevor wir zu einem Spaziergang aufbrechen. Etwas oberhalb der Kaserne ist eine Basilika, davor gibt es einen Bretterbudenladen, der Sandwichs anbietet. Wir essen durchgedrehte und gebratene Knorpel in einem Baguette, stehen unter einem Baum und versuchen den Uringestank zu ignorieren. Zur Basilika klettern wir über die 80cm tiefen und 80cm breiten Abflussgräben, die die Straßenränder säumen. Eine ideale Möglichkeit allen Abfall dort hinein zu entsorgen. Die Gräben sollten eigentlich mit Betonplatten abgedeckt sein. Die meisten sind zerbrochen oder geklaut. Im Dunkeln ist es ziemlich anstrengend, nicht in einen Graben zu stürzen.
Um die Basilika „Sacre Coeur“ befindet sich ein Flüchtlingslager (?) es wird von der Gendarmerie bewacht, die allerdings nichts dagegen hat, dass wir es betreten. Es sieht aus wie ein kirchlicher Flohmarkt, allerdings fallen die vielen Säcke von UNICEF auf.
Wir gehen in Richtung Fluss und kommen an einem Supermarkt vorbei, den wir am nächsten Tag ausgiebiger besuchen wollen. Und dann liegt vor uns der Kongo, neben dem Nil, wohl der bekannteste und berüchtigste Fluss Afrikas. Auf der anderen Seite liegt Kinshasa (Leopoldville) mit vielen Hochhäusern.
Zurück in unserer Bretterbudenkneipe bekommt Sigrid einen Durchhänger. Sie leidet seit einigen Tagen wieder an starken Rückenschmerzen, ihr geht der Dreck, der Zerfall und der (Urin) Gestank, das Geschreie und der Krach so auf den Geist, dass sie den Gedanken äußert, nach Hause zu fliegen. Wir wussten beide, dass solche depressiven Zeiten kommen.
Wir überlegen, was wir tun, wenn es kein Angola-Visum in Brazzaville gibt und beschließen, dann nach Dolosie zu fahren; denn dort haben bisher alle von denen wir hörten, ein Transitvisum für 8 Tage bekommen.
 Die Nacht auf Montag ist etwas ruhiger, nur die beiden Labradorhunde des französischen Inhabers des Hotels nerven mit der Bellerei. Um 6:00 Uhr ist wie üblich die Nacht vorbei, da geht die Sonne auf und Afrika erwacht lärmend.

 

Tag 188

02.04.2012 Montag (Heute hat René Geburtstag, herzlichen Glückwunsch)

Wir ziehen uns gut an und sind pünktlich um 9:30 Uhr an der angolanischen Botschaft S04.28082 E01.2622. An einem Fotokopiershop unter freiem Himmel (zu erreichen über halsbrecherische Kletterei), will ich unseren Missionsbrief fotokopieren lassen. 5 Mal soll er den Brief kopieren, der Typ versteht „Kopien für 500 CFA“ und legt los. Der Apparat kann erst nach 15 Kopien gestoppt werden.
Die Sekretärin seiner Exzellenz des Botschafters ist gerade in dem Pförtnerhäuschen.
Visa gibt es nicht! Ich zücke unseren Missionsbrief des Internationalen Instituts in Franceville, Gabun. Madame stellt fest, dass die Fotokopie, die ich ihr gegeben habe, nicht „legalisiert“ ist. Also gebe ich ihr das Original. Sie sieht, dass der Missionsbrief aus Gabun kommt und sagt, wir müssten das Visum in Gabun beantragen. Ich versuche zu erklären, dass Franceville 700km weit von Libreville entfernt ist und dass wir nicht die Zeit haben, von Franceville nach Libreville zurückzufahren. Sie versteht. Jetzt setzt sie sich und schreibt auf einen Zettel, was sie gerne alles hätte, damit ein Visum ausgestellt werden könne.
1. Die Bitte seiner Exzellenz des Botschafters von Angola in Gabun an seine Exzellenz den Botschafter in Congo, uns ein Visum auszustellen.
2. Ein Rückflugticket
3. Eine Hotelreservierung
4. Die Bestätigung unserer Gelbfieberimpfung
5. Passkopien
 6. Passfotos

7. Ein Einladungsschreiben einer Person oder Institution in Angola, die die Bürgschaft übernimmt.

Dann rauscht sie ab.
Jetzt bekomme ich einen Durchhänger und weiß zurzeit keine Lösung mehr. Wir schreiben an Adolfo aus der Clique in Franceville, der einzige, dessen Handynummer wir haben, eine SMS mit der Bitte, dass vielleicht von dort etwas unternommen werden kann.
Dann suchen wir die deutsche Botschaft, um denen unseren Missionsbrief zu zeigen. Wir haben zwar keine Hoffnung, dass die Botschaft uns weiterhilft, aber ein Versuch ist es wert. Wir fragen bei der italienischen Botschaft, bei den Engländern, in der Universität, die Polizei, wo denn die Deutsche Botschaft ist, und jeder schickt uns woanders hin.
Nach zwei Stunden Umherirren im Diplomatenviertel geraten wir an einige Männer, die auf der Straße sitzend, die Zeit totschlagen. Auch sie fragen wir nach der Adresse der Deutschen Botschaft. Nachdem sie ein Telefon gefunden haben, auf dem noch „credit“ ist, rufen sie einen an, der einen anruft und der zurückruft und mitteilt, dass die deutsche Botschaft auf der anderen Flussseite in Kinshasa ist. In der Rep.Congo gibt es keine mehr.
Langsam reicht‘s. Wir fahren zum Hotel, essen in der Bretterbudenkneipe überteuerte Hähnchenteile, trinken lauwarmes Bier und beschließen nach Dolosie zu fahren. Schlappe 290km.
 Die Hunde bellen, die Frösche in den Gräben quaken, die Autos fahren ab, um 6:00 Uhr geht die Sonne auf und Afrika erwacht brüllend und kreischend.

 

Tag 189

03.04.2012 Dienstag (Heute hat Lurchi Geburtstag, herzlichen Glückwunsch)

Die Motorradfahrer haben unsere Situation diskutiert und schlagen uns vor, dass wir besser mit der Eisenbahn nach Dolosie fahren sollten, weil die Piste unbefahrbar sei. Lieb von ihnen, sich Gedanken zu machen. Aber wir haben Zeit und keine Lust mit dem Rucksack auf dem Buckel eine Bahnfahrt zu machen, vor allem, weil der Ausgang unserer Visummission unsicher ist. Immerhin hat der rumänische Botschafter mit seiner Exzellenz dem Generalkonsul von Angola telefoniert, damit die drei ihr Visum (8 Tage) bekommen. Wir sind sicher, mit unserem Missionsbrief bekommen wir ein Visum und machen uns frohgemut auf den Weg.
Wir kaufen gemütlich im Supermarkt ein und schlängeln uns durch den Verkehr in Richtung Dolosie. Die Asphaltstraße ist gut und wir kommen an den Kongo-Katarakten vorbei, die den Kongo unbeschiffbar machen. (Einen Kanal haben selbst die Chinesen noch nicht gebaut.) Ab Kinkala beginnt der Horror. Wir befinden uns auf der Nationalstraße 1, der einzigen Verbindung der Hauptstadt mit dem einzigen Hafen des Landes Pointe Noire. Tiefste Fahrspuren, Schlamm, Sand. Zu unserer Verwunderung fahren hier 4X6 LKWs, die Waren transportieren. Wir sind heilfroh, dass es die letzten Tage nicht geregnet hat, trotzdem finden wir LKWs, die in Schlammlöchern stecken, die allerdings umfahrbar sind. Ist die Piste trocken, ist der Schlamm hart und fühlt sich an, wie ehedem das übelste Kopfsteinpflaster in Magdeburg. Die größten Possen sind die Durchfahrten durch die Bretterbuden Dörfer. Am Eingang eines Dorfes sind 40cm hohe Wälle aufgeschüttet, damit man nicht zu schnell durchs Dorf rast. Praktisch, das zwingt in den ersten Gang und drosselt die rasende Geschwindigkeit von 15 km/h auf 7 km/h, sonst reißt es die Vorderachse weg.
Wir finden einen Schlafplatz und sind in 6 Stunden gerade mal 113 km weit gekommen. S 04.23867 E 014.33601
 Aber: es gibt ein Mobilfunknetz, so dass wir Lurchi telefonisch gratulieren können.

 

Tag 190

04.04.2012 Mittwoch

Wir haben gut geschlafen und machen uns nach dem Frühstück wieder auf die Piste. Und heute begegnen uns Tierflader, 40 Tonner mit Containern beladen. Wir glauben es nicht. Allerdings stehen alle 3 km LKWs am Pistenrand, die kaputt sind. An einem 40 Tonner kommen wir vorbei. Bei dem hatten die 4 Mitfahrer das Getriebe ausgebaut und warteten wohl auf Ersatz.
Ab Mindouli bauen die Chinesen eine Straße. Manchmal darf die Trasse befahren werden. Die Piste nebenan bleibt die Katastrophe. Und es beginnt zu regnen.
In Nzisi gibt es eine Polizeikontrolle, die problemlos ist, die Polizisten sind hauptsächlich neugierig. Unser Auto und wir Mitfahrer werden registriert. In dieser Gegend gab es eine Rebellengruppe, die Überfälle machte. Wir nehmen an, dass die Registrierung tatsächlich dazu dient, zu wissen, wer hier unterwegs ist.
Die Polizisten können nicht verstehen, dass wir Schwierigkeiten haben, ein Visum für Angola zu bekommen und zeigen uns auf der Karte den Grenzübergang nach Cabinda (Angola-Exklave), der Dolosie am nächsten liegt. Sie betteln nicht, wollen kein Geld, oder „Jus“. Diese erfreuliche Erfahrung wird getrübt, als wir in Mindouli der Kreisstadt in der Bretterbudenkneipe am Hauptplatz im Schlamm ein Bier trinken. Ein netter Mensch lädt uns an seinen Tisch ein, da, wie überall seit Nigeria, die Kneipen ab 10:00 Uhr voll sind und gesoffen wird. Er fragt woher und wohin und wir erzählen und dann will er, dass wir sein Bier und das seines Kumpels bezahlen. Als ich mich weigere, schlägt die Stimmung um und wir sind froh abzuhauen. Die ständige Bettelei, ständiges Fordern von „Jus“ (eigentlich Saft, bedeutet, ich will Geld) zerrt an den Nerven.
In diesem Ort gibt es einen Bahnhof. Alles ist verrottet und kaputt, es ist erstaunlich, dass hier Züge fahren. Die 40 Tonner LKWs stehen in der Stadt im Schlamm und werden meistens repariert, der Schweißer hat Hochbetrieb. Minibusse kommen an und fahren ab, doppelt so viele Menschen wie Sitzplätze passen hinein. Auf den Dächern stapelt sich Gepäck, noch einmal so hoch, wie das Auto. Und die befahren auch alle diese Horror Nationalstraße 1. Wir sollten wirklich nicht jammern n unserem Luxus-Allrad-Toyo.
Auf der Suche nach einem Schlafplatz klettern wir auf einen Berg und haben eine phantastische Aussicht auf die grünen Hügel Afrikas.
Vor Nkayi finden wir den nächsten Schlafplatz mit Lateritboden, wie der andere auch)
S 04.18369 E 013.41919.
 Nach 9 Stunden Fahrt haben wir exakt wieder 113 km gefahren.

 

Tag 191

05.04.2012 Donnerstag

Um kurz vor 9:00 Uhr sind wir wieder auf der Piste und werden von einem 4X6 LKW überholt. An einer steilen Abfahrt sehen wir, wie er wendet, ein Kunststück an der Steigung und in den Fahrspuren. Der Berghang vor uns ist blockiert von steckengebliebenen LKWs. Oben auf dem Berg bedeutet uns der Fahrer des LKWs, wir sollen ihm folgen und dann knallt er los. Bald folgen wir nur noch seiner Staubfahne (kein Regen gestern).
An einem anderen kaputten LKW holen wir ihn ein. Der Fahrer des kaputten LKWs zeigt ihm die Ausweichpiste. Die ist schmal, aber am Anfang gut befahrbar, die Schlammlöcher sind nicht zu tief und nicht zu lang, aber sie führt in die verkehrte Richtung. Kurz bevor wir umkehren wollen, kippt sie in die richtige Richtung und wir sehen an einem Berghang gegenüber unseren Kamikaze LKW, dem wir folgen. Wir kommen eine Steigung hinab und der LKW steht vor einer Brücke. Alle Mitreisende, außer dem Fahrer sind ausgestiegen. Wir fahren zur Brücke, sie ist ausgebrochen und zu schmal für den LKW. Ich taste mich voran und versenke das rechte Vorderrad an dem Abbruch. Ich kann den Toyo, ein Bein hängt vorne in der Luft über dem Bach, zurückfahren und mit Hilfe des LKW-Beifahrers, der mich einweist, schaffen wir es den Toyo über die Brücke zu bekommen. Die LKW-Leute sind gut drauf, obwohl sie zurückfahren müssen, sie wollen weder „Jus“ noch Geld. Das versöhnt mal wieder.
Wir sind so früh in Dolosie, dass wir sofort das Konsulat aufsuchen und um ein Visum bitten. S 04.19119 E 012.67521
Das Konsulat ist leicht zu finden. Der Pförtner sitzt tiefer als der Bittsteller, das Fenster, durch das man mit ihm spricht, zwingt zur knienden Demutshaltung.
Es gießt in Strömen und das Vordach ist zu klein für Sigrid und mich. Während ich mich auf den Knien mit dem Pförtner unterhalte, steht sie im Regen. Auf unsere Bitte um ein Visum verweist er auf ein Papier, das am Fenster hängt, und das in Französisch und Portugiesisch erklärt, dass es Visa nur im Heimatland gäbe und dass hier zu viele Overlander um Visa gebeten hätten. Es wird auf ein Wiener Abkommen verwiesen.
Wir zücken unsere Geheimwaffe, den Missionsbrief. Er nimmt ihn, studiert ihn, packt ihn in eine Hülle und verschwindet im Regen. Kurz darauf ist er wieder da und erklärt, der Chef sein nicht da und wir sollen nach Pointe Noire fahren. Ich stöhne laut auf und erzähle, dass ich dorthin zwei Tage fahren müsse, was ihn total überrascht. Er erklärt, dorthin gebe es eine Asphaltstraße und in 2 Stunden seien wir da.
Wir fahren los und befahren eine Autobahn-ähnliche Straße, die durch wunderschönen Regenwald im Gebirge führt. Die tollste Straße, die wir in Afrika bisher gefahren sind. Selbst die Berghänge sind drainiert, damit sie nicht abrutschen. Und das Tollste: sie ist kostenlos, weil die Mautstationen noch nicht fertig gebaut sind.
Unterwegs bleibt uns noch Zeit, ein Bier zu trinken, an der einzigen Kneipe, die erreichbar ist, denn die Straße zerschneidet die Dörfer derart, dass keine Möglichkeit besteht, die Dörfer über glitschige Abhänge zu erreichen. Auch ein Verlassen der Straße ist unmöglich. Sie ist flankiert von den 80cm tiefen Gräben, in denen schon manch LKW steckt, der die Kurven zu eng genommen hat.
LKWs, die Tropenholz transportieren gibt es in Massen, sie werden gesteuert von Chinesen. Jetzt wissen wir auch, was die Chinesen für den Bau der Straße bekommen haben. Bald wird es keinen Regenwald mehr geben in Congo.
Pointe Noire, die einzige Hafenstadt in Congo empfängt uns mit dem üblichen Chaos und so tiefen mit Wasser gefüllten Schlaglöchern, dass der Toyo bis zur Achse drin versinkt und hinten aufsetzt.
Wir finden den Club Naval, auf dem große Motorboote geparkt sind und auf dem Militär sitzt. Ein Gelände direkt am Meer mit Blick auf den Hafen und den langen Strand Wir verhandeln mit dem Militärchef und dürfen auf dem vergammelten Tennisplatz der vergammelten Anlage stehen. Es gibt eine vergammelte Toilette (die Spülung funktioniert) und eine vergammelte Dusche mit Wasser.
Die Soldaten lassen uns zufrieden und wir sie. Nur der platzeigene Hahn hat Glück, dass er uns überlebt. Er hält nichts davon erst im Morgengrauen zu krähen.
Nebenan gibt es das „Las Vegas“ eine eisigkalte Kneipe, die von vorwiegend weißen Erdölarbeitern besucht wird. Dort essen wir. Zu teuer, aber wir haben keine Lust zu kochen.
Die Nacht ist naja, Scheißhahn.
 Google Koordinaten: etwa hier -4.788314, 11.849581

 

Tag 192

06.04.2012 Freitag (Karfreitag, wer denkt denn an so etwas?)

Der linke Hinterreifen verliert seit Tagen Luft, so dass ich ihn jeden Morgen mit dem aus allen Löchern pfeifenden Kompressor wieder aufpumpe.
Frohen Mutes brechen wir auf zum Konsulat Angola und sehen uns schon lustig durch Cabinda fahren, die DRC passieren und bald darauf im Halali in Namibia ein frisch gezapftes Bier trinken.
Das Konsulat ist geschlossen! Klar: Karfreitag. Der Wächter sagt, dass wir am Montag um 9:30 Uhr wiederkommen sollen.
Wir fahren einkaufen im europäischen Supermarkt und fahren am Meer nach Norden. Den Supermarkt stört Karfreitag nicht, er ist geöffnet.
Immer wieder zweigen kleine Pisten ab zum Meer und nachdem wir bis zum Ende der Asphaltstraße über eine neue prachtvolle Brücke nach Kayes gefahren sind und dort die aufgeforsteten Spalierwälder (Teak?) bewundert haben, fahren wir durch tiefen Sand an den Strand. An dieser Stelle haben schon viele gepicknickt. Die Stelle ist zugemüllt. Aber sie ist schön. Wir bleiben hier und müllen auch ein bisschen. Ich gehe ins Meer. Die Brandung ist so stark, dass sie mich von den Füßen reißt, als ich nur bis zu den Knien im Wasser bin. An Schwimmen ist zumindest für mich hier nicht zu denken.
S 04.52077 E 011.75982
Wir braten Koteletts aus dem Supermarkt und sind richtig guter Dinge. Was kann schöner sein, als ein Buschcamp am Meer, Koteletts, Bier und Vollmond.
 Das Meeresrauschen übertönt selbst die Grillen, ein fast voller Mond geht auf und macht die Stimmung richtig romantisch. (Der Mond hatte dieses Jahr ein tolles Timing mit Ostern)

 

Tag 193

07.04.2012 Samstag

Nach einem Bad im Meer und Aufpumpen des linken Hinterreifens, brechen wir auf und wollen die Schlucht von Diosso suchen. Uns begegnen viele Geländewagen mit weißen Menschen, Surfbrettern, Squads, die alle irgendwo ans Meer fahren.
Wir fahren in Richtung Pointe Noire zurück, biegen nach Diosso ab, fahren durch dieses Dorf und kommen auf eine sehr enge Piste, die früher asphaltiert war. Immer wieder finden wir Asphaltbruchstücke auf der Piste. Bald darauf ist tatsächlich an der Piste ein Aussichtspunkt eingerichtet und wir schauen einen Abhang hinunter zu roten Steinformationen, die schöner sind als die von Lekonie und noch mehr an den Brice Canyon in den USA erinnern. Leider fängt es an zu gießen.
Die Piste wird noch enger, die Fahrspuren tiefer. Uns drängelt ein Landcruiser an die Seite und überholt, was mir sehr recht ist, dann kann ich doch dann dessen Spuren folgen. Es regnet weiter, es wird glitschig!
Nach einem Dorf, wo anscheinend von vielen weißgekleideten Nonnen eine Messe gehalten wird, hört die Piste praktisch auf. Die Spuren des Landcruisers sind weg. Das Gras ist 2m hoch. Jetzt müssen wir uns quälen, kommen jedoch noch einmal an so einen Abriss mir roten Steinsäulen, der noch schöner ist. Leider gießt es immer noch.
Über tiefe Löcher und Traversen erreichen wir ein Steinbruchcamp der Chinesen. Von dort an gibt es eine Lataritpiste zur Asphaltstraße am Meer. Natürlich hört der Regen auf, als wir den Asphalt erreicht haben.
An der einzigen Bretterbude an der Straße trinken wir ein warmes Bier und bezahlen 700CFA. Die Olle von dem Wirt meckert, warum er uns nicht 1000CFA abgenommen hat.
 Wir beziehen wieder unseren Lagerplatz am Meer. Ich träume angstvoll davon, dass der Toyo ins Meer gespült wird.

Tag 194

08.04.2012 Sonntag (Frohe Ostern allen)

Nachdem ich den Reifen aufgepumpt habe, vergammeln wir die Zeit am Meer ohne von irgendjemanden gestört zu werden.
Am Nachmittag brechen wir auf nach Pointe Noire zum Naval Club und beziehen unser Quartier auf dem vergammelten Tennisplatz. Dieses Mal erscheint jedoch ein Typ, der sagt, dass man nur neben dem Gelände stehen darf und dass das Camping pro Nacht 6000CfA koste. Das Militär ist auf unserer Seite und lässt uns auf dem vergammelten Tennisplatz, der Typ bleibt aber bei seiner Forderung und zerrt einen abgestempelten Zettel hervor, wo tatsächlich etwas von 6000CFA steht. Wir bezahlen nichts und ich vertröste ihn.
Weil Ostern ist gehen wir in der eiskalten Kneipe essen.
 Nachts: Scheißhahn

 

Tag 195

09.04.2012 Montag
 

Ich pumpe den Reifen auf und frohen Mutes brechen wir auf zum Konsulat Angola und sehen uns schon lustig durch Cabinda fahren, die DRC passieren und bald darauf im Halali in Namibia ein frisch gezapftes Bier trinken.
Ostermontag! auch in Congo. Konsulat geschlossen.
Wir fahren zurück zum Naval Club und ich beschließe, das Ventil in dem Reifen zu wechseln. Irgendwo in den aufgeschnittenen Kanistern außen am Toyo müssen die neuen Ventile stecken. Nachdem ich den hinteren Kanister aufgemacht habe, trifft mich der Schlag. Der Ersatzdieselfilter und der –ölfilter sind durchnässt und haben angefangen zu rosten. Sigrid versucht sie sauber zu machen, ich suche weiter nach den Ventilen. Es ist wie mit dem Stalingraddraht. Nach langem Suchen finden wir sie und ich wechsele das Ventil. Das hat uns ausgetrocknet und so trinken wir unser Bier in der Bretterbudenkneipe, unter deren Wellblechdach es besonders heiß ist und die Leute zu der ohrenbetäubenden Musik tanzen. Die Musik ist zu laut, aber gut.
Am Navalclub kommen die weißen Skipper an. Wie in Kolonialzeiten springen die Schwarzen ins Wasser und zerren die Motorboote - Minimum 2 Außenborder mit je 125 PS- auf die Trailer, während an Bord die Weißen warten, dass sie trockenen Fußes an Land gehen können.
Wir sitzen derweil auf den Resten einer ehemals schönen Anlage am Meer, mit Blick auf den Hafen und genießen das Schauspiel.
Aus lauter Verzweiflung gehen wir wieder Essen in der eisigen Kneipe. Der Wirt, ein französischer Algerier begrüßt uns schon per Handschlag.
 Nachts: Scheißhahn

Tag 196

10.04.2012 Dienstag
 

Der Reifen verliert Luft, ich pumpe ihn auf.

Pünktlich um 9:00 Uhr stehen wir, ich rasiert, Sigrid frisiert vor der angolanischen Botschaft. Nach der ersten Ablehnung einer Visumbitte zücken wir hoffnungsfroh unseren Missionsbrief. Der wird studiert und mit der Bemerkung zurückgegeben, wir sollen einen Einladungsbrief vorlegen. Das war´s. Ich frage, ob der Typ uns helfen kann, und er einen kennt in Angola, der uns einlädt. Schulterzucken. Das Beste, so meint er, sei wohl das Auto zu verkaufen und nach Hause zu fliegen.
Wir sind am Boden zerstört und gehen erst einmal ein Bier trinken und versenden danach aus dem Internetcafe Hilferufe im Internet, an alle, die wir kennen und laden die Visaanträge der angolanischen Botschaft in Berlin herunter. Wir beschließen, die Zweitpässe nach Hause zu schicken, damit Meike und Rene versuchen bei der angolanischen Botschaft in Berlin Visa zu besorgen. Wir rufen meinen Bruder an und bitten ihn, zu helfen. Er ist sofort bereit und bringt sich ein. Kurz darauf hat er schon recherchiert, wo und was in Berlin hinsichtlich Angola zu tun ist.
Nun reicht es mit dem Reifen und wir finden einen Vulcanisateur. Der hat natürlich keinen Wagenheber, sondern muss unseren benutzen, um den Toyo aufzubocken. Er baut den Reifen ab und packt ihn in eine Wanne mit Wasser, siehe es steigen kleine Luftblasen auf. Wie so ein Reifen von der Felge demontiert wird, kennen wir ja schon. Er flickt das kleine Loch, das durch einen spitzen Stein verursacht worden war (Was haben wir für ein Glück gehabt, dass der Stein nicht bei schneller Autobahnfahrt rausgeflogen ist) Dann will er den Reifen wieder aufpumpen, hat aber kein Benzin mehr für den schrottreifen Kompressor. Er bekommt ein Liter Benzin von uns, welches eigentlich für den Kocher bestimmt war. Kostenpunkt 5000 CFA, noch nicht einmal 10 €.
Während wir unsere Angola-Depressionen in der nächsten Kneipe bekämpfen, taucht Paul auf. Ein Hilux mit Münchner Nummer und Wohnkabine hält hinter dem Toyo und Paul ist da. Er ist seit 13 Monaten unterwegs und hat seinen Pass seit 7 Wochen auf dem angolanischen Konsulat liegen. Paul ist gut drauf. Er fühlt sich sauwohl in Pointe Noire, hat er wohl eine Freundin gefunden und hat die ersten 4 Wochen auch im Navalclub gestanden, ohne zu bezahlen und ist dann umgezogen in eine Nobelgegend, wo er am Meer steht und jeden Morgen schwimmen geht. Sein Visum für Congo musste er schon über die drei Monate hinaus verlängern lassen, was wohl kein Problem ist.
Er findet unsere Idee, die Pässe nach Berlin zu schicken gut, doch wie kommen wir an ein Einladungsschreiben? Wir diskutieren die Möglichkeit, gemeinsam durch die DRC zu fahren, die „Straße“ von Kinshasa nach Lubumbashi. 2800km reiner Horror. Als letzte Möglichkeit nicht schlecht, doch Paul hat kein Visum für die DRC und will dafür nach Libreville (Gabun) fahren, da die Visumerteilung in Brazzaville wohl vier Wochen dauert. Wir beschließen erst einmal in Kontakt zu bleiben und zu sehen, wie sich die Lage bei uns entwickelt.
Wir wollten eigentlich am nächsten Tag nach Dolosie fahren, um dort noch einmal um ein Visum zu bitten, verabreden uns aber mit Paul, um zu sehen, was bei ihm passiert und um möglicherweise etwas gemeinsam zu organisieren.

 Neben dem Navalclub gibt es eine Wohnanlage der Petroliers von Total mit Swimmingpool und eigenem Restaurant. Wir gehen dort essen. Europäischer Standard. Da wir nicht zu Total gehören müssen wir 2000 CFA pro Person zusätzlich bezahlen. Das Essen ist gut, aber teuer. Die Pizza, war bezahlbar.

Scheißhahn im Navalclub.

 

Tag 197

11.04.2012 Mittwoch

Bevor wir den Lavalclub verlassen, taucht Paul auf. In seinem bunten afrikanischen Anzug hätte ich ihn beinahe nicht erkannt. Bei ihm gibt´s nichts Neues, sein Pass liegt auf dem Konsulat oder bei seinem Agenten, den er beauftragt hat. Wir verabreden uns abends in der eiskalten Kneipe.
Wir gehen ins teure Internetcafe, checken die Mails und Finanzen und versenden noch einmal Hilferufe, an alle, die wir kennen und die uns helfen könnten und
beschließen ab jetzt zweigleisig zu fahren, laden noch einmal die Visaanträge der angolanischen Botschaft in Berlin aus dem Netz und lassen sie ausdrucken. Dann setzen wir uns in ein teures Café, füllen die Anträge penibel aus und suchen die DHL-Station. Sie befindet sich direkt neben dem Büro der Lufthansa.
Zwei Mädels sind damit beschäftigt gleichzeitig Kunden abzufertigen und mit ihrem Freund am Telefon zu turteln. Beides klappt.
Ich erkläre, dass ich Pässe und Papier nach Berlin schicken muss, Express und mit allem Trallala. Sie rechnet und kommt auf den stolzen Betrag von 75000CFA. Deutlich über 100 €. Was soll´s. Mit der Adresse hat sie Schwierigkeiten. Den René bekommt sie noch gut hin, an dem Kuschewski dazu verzweifelt sie.
Dann sind die Pässe verpackt und wir gehen auf diesen Erfolg ein Bier trinken.

Abends gehen wir gemeinsam mit Paul in die eiskalte Kneipe und essen dort.

 Scheißhahn kräht die ganze Nacht.


Tag 198
12.04.2012 Donnerstag

Wir verlassen früh den Navalclub ohne zu bezahlen. Wir berufen uns auf das Militär, das kein Geld haben will. 6000 CFA, die wir pro Nacht bezahlen sollen, sind zu heftig, dafür bekommt man in den
Außenbezirken bereits ein Zimmer.

Wir kaufen noch einmal ein und machen uns auf den Weg nach Dolosie, um dort noch einmal das Kosulat zu besuchen. Innerhalb von 3 Stunden sind wir auf der Autobahn in Dolosie. Einige neue Unfälle haben sich ereignet, es gibt neuen Schrott am Straßenrand, den wir noch nicht kennen.
Wir fahren zur Katholischen Mission. Der Pere und seine Mannen schlafen. Nachdem endlich jemand auftaucht, bitten um einen Stellplatz, Dusche und Toilette. Uns wird erzählt, dass wir ein Zimmer
mieten müssten für 6000 CFA. Nach längerem Verhandeln, einigen wir uns, dass wir nur die Dusche im Zimmer benutzen für 3000CFA, die Toiletten sind sowieso außerhalb der Zimmer im Flur. Es gäbe da
allerdings ein Problem, nämlich nur sporadisch würde Wasser fließen, aber im Zimmer und auf der Toilette stünde ein Kanister mit Wasser.
Wir stellen den Toyo unter ein Dach, das so hoch ist, dass wir das Dach darunter aufklappen können. Nebenan steht ein schrottiger Hilux.
Vor der Halle erstreckt sich ein weiter Platz bis zur großen Kirche, der wie üblich voller Müll ist. Klar, es ist der Schulhof. In der Mitte befindet sich ein großer runder Pavillon.
S 04.19070 E 012.67552
Aber: In Congo ist Herstellung und Vertrieb von Plastikbeuteln verboten. So dass hier hauptsächlich Papier rumliegt. Zeitungspapier, Schreibhefte, Steuererklärungen und vieles andere auf Papier
geschrieben, erlangt einen neue Bedeutung; denn darin wird alles eingepackt. Selbst im Supermarkt kommt das Frischfleisch in die Zeitung von gestern und noch bevor man aus dem Markt ist, suppt der
Fleischsaft aus dem Papier. Das erste Mal in Afrika, dass uns die Plastikbeutel für unseren Müll ausgehen.

Wir waschen uns im Eimer, der in der völlig verschimmelten Dusche steht und wundern uns, dass das Zimmer sauber ist, das Bett frisch bezogen, das Laken nett drapiert und die Dusche mal wieder völlig
vergammelt ist. Große Schilder weisen darauf hin, dass man bitte die Toiletten benutzen soll.

Um 21:00 Uhr liegen wir im Bett. Um 21:30 Uhr werden wir brutal durch drei kräftige Schläge an eine LKW-Felge aus dem ersten Schlaf gerissen. Um 22:00 Uhr wiederholt sich das und es folgt lobpreisender
gregorianischer Singsang aus Männerstimmen direkt hinter der Mauer, an der wir stehen.
23:00 Uhr, der Zug ist mit Getute in den Bahnhof gefahren. 23:45 Uhr Gäste, die mit dem Zug angekommen sind, treffen im Gästehaus ein und palavern lauthals.

3:00 Uhr, ein Taxi fährt vor, eine Kiste wird ausgeladen, der Toyo wird mit Hilfe von Taschenlampen untersucht, die Kiste, aus der es jämmerlich meckert, wird unter den HiLux geschoben. Es meckert den
Rest der Nacht, ab 4:30 Uhr antwortet der unvermeidliche Hahn.

5:15 Uhr drei Schläge an die LKW-Felge. Sigrid erschrickt so, dass der Toyo erbebt. 5:45 Uhr Lobpreisung und frohlockender Gesang. 6:00 Uhr die Konkurrenz beginnt mit Glockengeläut aus der Kirche. 6:10 Uhr Frohlocken und Lobpreisen aus der Kirche. Bongobegleitung mischt
sich in den monotonen Singsang.
6:30 Uhr die ersten Schulkinder treffen ein und schauen uns beim Frühstück zu, danach waschen aus dem Eimer.
 Und wieder ist eine afrikanische Nacht überstanden.

 

Tag 199

13.04.2012 Freitag
 

Bevor wir das Konsulat aufsuchen, suchen wir eine Stelle, die Kopien unserer Pässe beglaubigen zu lassen; denn (die Hoffnung stirbt zuletzt) es könnte ja sein, dass wir die Pässe auf dem Konsulat lassen müssen, und dann hätten wir keinen Identitätsnachweis mehr. Wir fragen einen älteren Herrn ohne Zähne, der gleich bereit ist uns zu der entsprechenden Stelle zu führen. Sigrid muss nach hinten in den Toyo, der Alte quält sich in den Schalensitz und führt uns zu seinem Freund, dem Chef der Beglaubigungsbehörde und schon sind die Kopien beglaubigt. (2000 CFA pro Stück). Wir fahren den Alten nach Hause, er wohnt in einem kleinen Häuschen mit Vorgarten.
Wir besuchen das angolanische Konsulat. Ich knie, wie gewohnt demütig vor dem Fenster des Pförtners, nur um zu hören, der Chef sei nicht da. Dem Typen glaube ich nicht und kündige an, dass wir am Montag wiederkommen.
S 04.20218 E 012.67095

Die SIM-Karte lässt sich nicht aufladen. In dem Büro von Airtel wird das schnell erledigt. Wenigstens ein Erfolg, der uns veranlasst, das funktionierende Telefon mit einem Bier zu feiern und gleichzeitig den Angolafrust hinabzuspülen.
Gegenüber am Tisch sitzen gut gekleidete Herren. Vor einem, dem Chef, katzbuckeln die anderen. Man kommt ins Gespräch und ich erzähle von der Angolamisere. Das können die Herrschaften nicht verstehen, denn für Congolesen ist es kein Problem nach Angola zu reisen.

Bis auf einen gehen alle, der eine meint, er könne uns helfen. Uns ist jeder Strohhalm recht. (Jean Patou Okua, Tel: 066331946, 05586933)
Wieder muss Sigrid nach hinten in den Toyo, weil Jean Patou mitkommt zur Mission. Er bete jeden Morgen um 6:00 Uhr dort. Wir verabreden uns für den nächsten Tag um 9:00 Uhr.

Auf unseren Helfer gehen wir ein Bier trinken am Zentralmarkt, einem neuen Gebäude mit zwei Stockwerken und vielen Verkaufstischen.

Während wir im Missionshof vor dem Toyo kochen, beginnt der Kirchenchor im Pavillon zu üben. Sigrids Psyche ist durch die dauernde Angolafrustration angespannt. Der wunderschöne Gesang des übenden Kirchenchors gibt ihr den Rest. Sie weint ein wenig.
 Wir waschen uns im Eimer. Kein fließendes Wasser!

Um 21:00 Uhr liegen wir im Bett. Um 21:30 Uhr werden wir brutal durch drei kräftige Schläge an eine LKW-Felge aus dem ersten Schlaf gerissen. Um 22:00 Uhr wiederholt sich das und es folgt lobpreisender gregorianischer Singsang aus Männerstimmen direkt hinter der Mauer, an der wir stehen.
23:00 Uhr, der Zug ist mit Getute in den Bahnhof gefahren. 23:45 Uhr Gäste, die mit dem Zug angekommen sind, treffen im Gästehaus ein und palavern lauthals.
5:15 Uhr drei Schläge an die LKW-Felge. Sigrid erschrickt so, dass der Toyo erbebt. 5:45 Uhr Lobpreisung und frohlockender Gesang.5:30 Uhr, an dem Auto, das neben dem Toyo in der Halle steht wird ein Reifen gewechselt. 6:00 Uhr die Konkurrenz beginnt mit Glockengeläut aus der Kirche. 6:10 Uhr Frohlocken und Lobpreisen aus der Kirche. Bongobegleitung mischt sich in den monotonen Singsang.
6:30 Uhr die ersten Schulkinder treffen ein und schauen uns beim Frühstück zu, danach waschen aus dem Eimer.
 Und wieder ist eine afrikanische Nacht überstanden.


 


 

Tag 200 Tage unterwegs, wir haben es nicht gefeiert.

14.04.2012 Samstag
 

Nach etlichen Telefonaten taucht Jean Patou tatsächlich in einem grauen Anzug auf.
Sigrid kommt in die Kiste, Jean Patou in den Schalensitz und wir fahren zu einer Immigrations-Behörde. Jean Patou wird ganz klein vor Ehrfurcht. An einem Schreibtisch in einem sonst kahlen Betonbüro sitzt ein gewichtiger Beamter, der sich unsere Nöte anhört. Er studiert unsere Pässe, findet alles in Ordnung. Er telefoniert und erklärt, wir sollen zum Konsulat fahren, es sei alles geregelt.
Sigrid kommt in die Kiste, Jean Patou in den Recaro.
Das Konsulat arbeitet nicht am Samstag, wir sollen Montag wiederkommen.
Das war‘s dann erst einmal und wir verabreden uns mit Jean Patou am Montag.
Die ständigen Enttäuschungen kann man nur mit einem Primus, dem heimischen Bier, runterspülen.
Danach fahren wir etwas spazieren, kommen aber zu dem Schluss, den Toyo zu schonen und nicht eine der Horrorpisten nur so zum Spaß zu fahren. Also vergammeln wir den Tag und hören abends dem Kirchen-Chor beim Üben zu.

Um 21:00 Uhr liegen wir im Bett. Um 21:30 Uhr werden wir brutal durch drei kräftige Schläge an eine LKW-Felge aus dem ersten Schlaf gerissen. Um 22:00 Uhr wiederholt sich das und es folgt lobpreisender gregorianischer Singsang aus Männerstimmen direkt hinter der Mauer, an der wir stehen.
23:00 Uhr, der Zug ist mit Getute in den Bahnhof gefahren. 23:45 Uhr Gäste, die mit dem Zug angekommen sind, treffen im Gästehaus ein und palavern lauthals.
5:15 Uhr drei Schläge an die LKW-Felge. Sigrid erschrickt so, dass der Toyo erbebt. 5:45 Uhr Lobpreisung und frohlockender Gesang. 6:00 Uhr die Konkurrenz beginnt mit Glockengeläut aus der Kirche. 6:10 Uhr Frohlocken und Lobpreisen aus der Kirche. Bongobegleitung mischt sich in den monotonen Singsang.
Wir waschen uns im Eimer.
 Und wieder ist eine afrikanische Nacht überstanden.

 


 

Tag 201

15.04.2012 Sonntag
 

Wir beschließen, die 10:00 Uhr Messe zu besuchen.
Wir kommen etwas zu spät. Die große Kirche ist mit etwa 300 Leuten brechend voll. Die meisten Leute haben den Sonntagsstaat angezogen, die Kinder sind allerliebst bunt angezogen, die kleinen Mädchen haben aufregende Flechtfrisuren. Alleine das ist schon sehenswert. Wir, die einzigen Weißen,  stehen hinten an der Wand. Schon kommt jemand, der uns ganz vorne einen Platz anbietet, auf den wir verzichten.
Der Chor singt, und wieder sind wir begeister ob der phantastischen Stimmen und dem gesamten Ensemble.
Hinter dem Altar sitzen drei Priester, in der Mitte einer mit einem roten Käppi. Leider kenne ich mich in der katholischen Rangordnung nicht aus, und weiß nicht, ob Rotkäppchen eine besonders hochgestellte Persönlichkeit ist. Die Predigt behandelt die Geschichte mit dem ungläubigen Thomas.
Nach einiger Zeit kommen etwa 20 Messdiener mit Kerzen in der Hand in die Kirche marschiert. Unter ihren weißen Messgewändern tragen sie ihre bunten, bedruckten T-Shirts, die durch den dünnen Stoff schimmern, was manchen Messdiener doch etwas lustig aussehen lässt. Auch quietsche-gelbe Turnschuhe unter den Gewändern lockern das feierlich-ernste Bild auf. Zwei der kleinen Messdiener stehen nach einer weiteren Predigt im Mittelgang mit geflochtenen Körben in der Hand. Sie erinnern mich fatal an den Sarottimohr aus meiner Kindheit, einer Figur, die mit dem Kopf nickte, wenn man eine Münze in den Kasten steckte. Die gesamte Gemeinde stellt sich an und wirft Münzen in die Körbe, ganz diszipliniert-geht doch!! Auch wir geben unseren Obolus.
Der Chor singt, es wird frohlockt und gelobpreist und alle reichen ihrem Nachbarn die Hände. Unsere Hände sind besonders begehrt. Und da wir den Brauch nicht kennen, weist uns einer daraufhin, dass wir „Amen“ zu sagen haben, wenn wir die Hände schütteln.
Der Chefpriester spricht Danksagungen und ich höre, dass er sich bei uns bedankt, dass wir auf dem Wege nach Südafrika seine Kirche besucht haben: „Thank You“, sogar auf Englisch. Der Chor singt zum Abschluss mit dezenter Begleitung von Keyboard und Bongos. TOLL.
Die Priesterschaft und die Messdiener verlassen durch den Mittelgang die Kirche, uns drückt der Chef noch einmal die Hand, und nach 2 Stunden ist die Messe vorbei:
Harald, mein Freund und Pastor, Du solltest Dir eine katholische Messe in Dolosie, Congo ansehen, und sonntags bei Dir nachvollziehen. Dann hättest Du die Hütte auch in Greetsiel voll.
Zeit für einen Frühschoppen.

Um 21:00 Uhr liegen wir im Bett. Um 21:30 Uhr werden wir brutal durch drei kräftige Schläge an eine LKW-Felge aus dem ersten Schlaf gerissen. Um 22:00 Uhr wiederholt sich das und es folgt lobpreisender gregorianischer Singsang aus Männerstimmen direkt hinter der Mauer, an der wir stehen.
23:00 Uhr, der Zug ist mit Getute in den Bahnhof gefahren. 23:45 Uhr Gäste, die mit dem Zug angekommen sind, treffen im Gästehaus ein und palavern lauthals.
5:15 Uhr drei Schläge an die LKW-Felge. Sigrid erschrickt so, dass der Toyo erbebt. 5:45 Uhr Lobpreisung und frohlockender Gesang. 6:00 Uhr die Konkurrenz beginnt mit Glockengeläut aus der Kirche. 6:10 Uhr Frohlocken und Lobpreisen aus der Kirche. Bongobegleitung mischt sich in den monotonen Singsang.
6:30 Uhr die ersten Schulkinder treffen ein und schauen uns beim Frühstück zu.
Wir waschen uns im Eimer.
 Und wieder ist eine afrikanische Nacht überstanden.

 


Tag 202

16.04.2012 Montag
 

Irgendwann nach afrikanischer Zeitrechnung taucht auch Jean Patou wieder auf. Sigrid in die Kiste, Jean Patou in den Recaro.
Wir fahren zur Justizbehörde und warten dort auf eine Tante von ihm, die eine höhere Position bekleidet. Die Tante hat vor Gericht gerade einen Prozess geführt. Die Gegnerin ist mit dem Urteil überhaupt nicht zufrieden und lamentiert lauthals auf den Treppenstufen des Justizpalastes.
Tante hört sich unsere Misere an, erklärt freundlich, sie kenne den Konsul, aber der sei verreist. Schluss.
Jean Patou bringt uns noch einmal zu dem Immigrationsbeamten, der meint, wir sollten nach Matadi in die DRC zum dortigen angolanischen Konsulat fahren. Es gäbe einen Grenzübergang bei Kimongo. Allerdings brauchen wir für die Piste ein Laisser passé. Er schreibt auf einen Zettel, steckt den Zettel in einen Umschlag und erklärt Jean Patou, wo er den Zettel abgeben soll, damit wir das Laisser passé bekommen. Draußen erkläre ich Jean Patou, dass wir erst einmal zurückführen nach Pointe Noire. Er solle die Bitte um das Laisser passé aufbewahren, vielleicht benötigten wir es doch noch. Ich gebe ihm 30000CFA. Schließlich hat er sich wirklich bemüht, wenn auch ohne Erfolg. Er verspricht noch zu versuchen, den Stellvertreter des Konsuls zu erreichen, wir sollen bis morgen warten.
Zeit für ein Bier auf den Frust. Am Nebentisch sitzt ein bärtiger Congolese, der sich interessiert unsere Geschichte anhört. Er kann uns leider nicht helfen. Wir erzählen, dass wir morgen wieder nach Pointe Noire fahren werden.
Da ruft Dirk Risse aus Namibia uns an und teilt mit, er habe jemanden, der uns ein Einladungsschreiben nach Angola schicken kann. Dirk verspricht, „wir holen Euch da raus“. Vincent Molzahn aus Lobito ist Chef der Firma Cymot und ist bereit uns einzuladen. Wir sollen unsere Daten schicken. Im Internetcafe erhalten wir das Mail und schicken die Passdaten an Vincent. Kurz darauf ruft seine Freundin Barbara an, die das Schreiben erstellt. Alles ist klar, sie schicken ein Einladungsschreiben.
Dieser erste Lichtblick verleitet zu einem Freudenbier.
Abends ruft Rene an, die Pässe sind angekommen. Ich gebe ihm die Adresse von Vincent, die noch in das Antragsformular für die Visa eingetragen werden muss. (Name und Anschrift der Person, die für ihren Aufenthalt in Angola bürgt)
Die Kopien der gefälschten Impfpässe werden von Meike zu Lampe zur Beglaubigung gebracht, der sich am nächsten Tag mit meinem Bruder vor der angolanischen Botschaft treffen will, um die Anträge abzugeben. Es tut sich was! Und es tut gut so gute Freunde zu haben, die sich ins Zeug legen. Es wird Zeit für ein Bier.
Um 21:00 Uhr liegen wir im Bett. Um 21:30 Uhr werden wir brutal durch drei kräftige Schläge an eine LKW-Felge aus dem ersten Schlaf gerissen. Um 22:00 Uhr wiederholt sich das und es folgt lobpreisender gregorianischer Singsang aus Männerstimmen direkt hinter der Mauer, an der wir stehen.
23:00 Uhr, der Zug ist mit Getute in den Bahnhof gefahren. 23:45 Uhr Gäste, die mit dem Zug angekommen sind, treffen im Gästehaus ein und palavern lauthals.
0:30 Uhr irgendjemand hängt in der Halle neben dem Toyo seine Wäsche auf die Leine.
 2.00 Uhr, ich muss pinkeln. Am Bier kann es nicht gelegen haben, dass ich vergessen habe, dass ich im Toyo oben unterm Dach liege. Halb stürze ich aus dem Fenster, bleibe hängen, breche mir eine Rippe und plumpse Sigrid vor die Füße, die schon vor mir aus dem Toyo geklettert ist.

5:15 Uhr drei Schläge an die LKW-Felge. Sigrid erschrickt so, dass der Toyo erbebt. 5:45 Uhr Lobpreisung und frohlockender Gesang.6:00 Uhr die Konkurrenz beginnt mit Glockengeläut aus der Kirche. 6:10 Uhr Frohlocken und Lobpreisen aus der Kirche. Bongobegleitung mischt sich in den monotonen Singsang.
6:30 Uhr die ersten Schulkinder treffen ein und schauen uns beim Frühstück zu, danach waschen aus dem Eimer.
 Und wieder ist eine afrikanische Nacht überstanden.

 

Tag 203

17.04.2012 Dienstag
 

Wir packen ein nach dem Frühstück und dem schmerzhaften Duschen- ich hatte fließendes Wasser- Sigrid dann nicht mehr, sie wusch sich wie gewohnt im Eimer.
Der bärtige Herr von gestern taucht auf und bringt uns Bananen und in Blätter eingewickeltes Fou Fou, ein Gemisch aus Maniok und Erdnüssen, als Wegzehrung für die Fahrt. Wir bedanken uns ganz herzlich und freuen uns über diese nette Geste.
Und wir telefonieren mit Jean Patou, der kommen will.
Ich rufe Lampe an, da ich die aktuelle Nummer von Peters Handy nicht habe. Er ist unterwegs zur Botschaft in Berlin. Dort angekommen, trifft er Peter, so dass ich ihm die Adresse von Vincent noch einmal geben kann. Kurz darauf ruft er aus der Botschaft an. Zur Visaerteilung wird unsere Reiseroute durch Angola verlangt. Wir holen die Karte und buchstabieren ihm die angolanischen Städte, durch die wir fahren möchten. Der nächste Anruf! Die Botschaft will eine Declaracio haben auf Portugiesisch, mit Namen von ins, den der Eltern, Adresse und Passdaten. Wir kommen überein, dass Rene uns so etwas mailen soll, so dass wir es ausdrucken können, unterschreiben können und an die Botschaft faxen können.
Ich bezahle unsere Übernachtungsgebühren bei der Mission.
Mittags fahren wir zu unserem Bretterbudengrill, und essen Hähnchenteile- wie jeden Tag- und trinken dazu ein Bier in unserer Bretterbudenkneipe. Jean Patou kommt nicht, erklärt aber, er könne nichts mehr für uns tun.
Wir telefonieren mit Paul in Pointe Noire und bitten ihn, uns an seinem Standplatz aufzunehmen, da wir im Navalclub die Zeche geprellt haben und nur ungern dort wieder auftauchen würden.
Dann fahren wir die uns nun schon gut bekannte Autobahn 160 km nach Pointe Noire. Unterwegs beschließen wir, nicht mehr am Konsulat in Pointe Noire um ein Visum zu bitten. Wir verlassen uns jetzt auf die Botschaft in Berlin.
Mit Paul treffen wir uns in einer Bretterbudenkneipe romantisch am Meer in Pointe Noire. Er hat mal wieder eine leichte Malaria und schluckt ein hiesiges Malariamittel, ich verbiet ihm im Meer zu schwimmen und bitte ihn, das Mittel doppelt so lange zu schlucken, wie auf dem Waschzettel angegeben. Paul verspricht es.
Er führt uns zu seinem Standplatz vor den Luxuswohnungen der Totalmitarbeiter. Jeweils drei Häuser werden von einer Wachmannschaft bewacht, die vor den Häusern kleine Räumlichkeiten hat. Diese Wachleute haben Dusche und Toilette, die wir mit benutzen dürfen. Wir stehen 200m vom Meer entfernt, eine alte Förderanlage führt noch hinaus ins Meer, dort stehen nur noch die Pfeiler, 10m hoch, von denen die Fischer ihre Langustenkörbe abseilen.
S 04.81190 E 011.8475
Die Dusche ist „sauber“, die Toilette auch, die Wachleute freundlich, es gibt Wasser, was wollen wir noch mehr.
 Das Kratzen im Hals hat sich bei mir zu einem ekligen Schnupfen entwickelt, die eiskalte Kneipe hier, die wir regelmäßig besuchten verlangt ihren Tribut.

 

Tag 204

18.04.2012 Mittwoch
 

Wir haben gut geschlafen, selbst mein Schnupfen hielt sich zurück. Allerdings tut mir die Rippe seit meinem nächtlichen Fenstersturz elendig weh.
Schon früh sind wir im Internet. Barbara hat die Einladung geschickt und fragt, ob sie in Ordnung ist, und wo sie sie hin faxen soll. Wir suchen die Faxnummer der Botschaft in Berlin. Rene hat die Declaracio geschickt, allerdings als *.docx Datei. Er hat nicht daran gedacht, dass Word 2007 hier noch nicht üblich ist. Die Computer hier verfügen sowieso nur über „free office“ Versionen, die mir allerdings die Möglichkeit geben. Renes Declaracio im HTML-Format zu öffnen.
Wir drucken den Kram aus, unterschreiben ihn und faxen ihn an die Botschaft in Berlin.
Falls mal jemand die Declaracio benötigt siehe unten:
Es ist alles getan, nun heißt es warten, was man am besten bei einem Bier in der Primuskneipe tut. Dort ist das Bier am billigsten und die Toilette am dreckigsten.
 Wir kaufen noch im Supermarkt Bratwürste und essen abends mit Paul am Toyo.




DECLARAҪÃO


AO
Chefe do
Sector Consular da
Embaixada da República
De Angola em Berlin

Eu Ernst-Otto Muhs filho (a) de Else Muhs e de Otto Muhs solteiro (a)
de 63 anos de idade nascido (a), aos xx de xx de 1949, natural de
Germany, portador (a) do Passaporte número C717RKxxx emitido pelo
Estado de Stadt xxxxx aos 22 de 12 de 2008 e válido até 21 de 12 de
2018 residente na rua xxxxx 44 Codigo postal D-408xx, Stadt
xxxxx, Germany.

Vem mui respeitosamente solicitor ao Chefo do Sector Consular se digne
autorizar a emissão e un (1) visto urismo, para a República de Angola.

Pointe Noire, aos 18 de 04 de 2012


_________________________
Assinatura




DECLARAҪÃO


AO
Chefe do
Sector Consular da
Embaixada da República
De Angola em Berlin

Eu Sigrid Elisabeth Anhilger filho (a) de Elisabeth Anhilger e de
Robert Anhilger solteiro (a) de 61 anos de idade nascido (a), aos xx
de 0x de 19xx, natural de Germany, portador (a) do Passaporte número
C71764xxx emitido pelo Estado de Stadt xxxxx aos 07 de 07 de 2011 e
válido até 06 de 07 de 2021 residente na rua xxxxx 44 Codigo
postal D-408xx, Stadt xxxxx, Germany.

Vem mui respeitosamente solicitor ao Chefo do Sector Consular se digne
autorizar a emissão e un (1) visto urismo, para a República de Angola.

Pointe Noire, aos 18 de 04 de 2012


_________________________
 Assinatura




Tag 205
 19.04.2012 Donnerstag

Wir frühstücken noch am Strand neben dem Toyo, als Peter bereits aus der angolanischen Botschaft anruft.
Die Angolaner dort finden die Declaracio nicht!
Mir bleibt das Frühstücksei im Halse stecken. Kurz darauf, nächster Anruf aus Berlin, sie haben sie gefunden. Peter bezahlt 500,--€ und ihm wird versprochen, er könne die Visa in einer Woche abholen. Lichtblicke.
Mit Paul diskutieren wir sein weiteres Vorgehen. Er will einen seiner Pässe nach Brazzaville zu einem Agenten schicken, der ihm ein Gabunvisum besorgen soll. Dann will er nach Libreville (Gabun) fahren, um das DRC Visum zu bekommen, doch gleichzeitig will er über Beziehungen eine Aufenthaltserlaubnis für im Congo lebende Ausländer bekommen, mit der er dann das Angolavisum bekommt. Ich halte die ganze Aktion für ziemlich unsicher und rate ihm, den Pass nach Berlin zu schicken, vorher Vincent für ein Einladungsschreiben zu kontaktieren und meinen Bruder zu bitten, noch einmal Visumdienst für Angola zu spielen. Ich rufe Peter an und frage, ob er notfalls noch einmal bereit wäre, das Theater durch zu ziehen. Er ist es. Mal sehen, wie Paul sich entscheidet.

Wir müssen waschen! Paul fragt im Haus seines französischen Freundes die Kinderfrau, ob wir die Waschmaschine benutzen dürfen. Wir dürfen. Nach 4 Stunden ist die Wäsche fertig und das Tagebuch aktualisiert. Aber, wir haben keine Möglichkeit, die Wäsche zu trocknen. Sigrid legt sie nach alter afrikanischer Sitte ins Gras.

Nach der Arbeit fahren wir ins Internetcafe, checken die Mails und sind danach völlig ausgetrocknet. Wir brauchen ein Bier in der „Primus“ Kneipe, die dazu dienen soll, Militärs und Zivile zu verbrüdern. Dort gibt es da billigste Bier und die stinkendste Toilette.
Heute gibt es aber auch bildhübsche Mädchen, die auf der großen Tanzfläche eine Modenschau üben. Sehr hübsch anzusehen, wenn ich nur noch wüsste, weshalb ich die Girls so toll finde.

Zurück am Stellplatz ist Nikola bei Paul. Nikola gehört die Wohnung, in der uns das Kindermädchen erlaubt hat zu waschen. Nikola, Franzose aus Marseille, macht einen riesen Aufriss, dass wir in seiner Wohnung gewesen wären, ohne ihn zu fragen und und und. Ich entschuldige mich vielmals, was ihn nicht bremst. Sein ganzes Gezeter muss ich mir jetzt auch noch auf Englisch anhören, weil ich wohl verständnislos geguckt habe. Ich drücke ihm ein kaltes Bier in die Hand und er ist endlich still.
Das mit der Waschmaschine hat sich erledigt.
 Wir sind froh, als wir das Kindermädchen mit dem weißen Knaben von Nikola auf dem Arm wiedersehen. Wir hatten schon befürchtet, er würde sie entlassen.


Tag 206

20.04.2012 Freitag

Irgendwie bekommen wir den Tag rum, ziehen von Kneipe zu Kneipe, kaufen im Supermarkt Hackfleisch und laden Paul zu Spaghetti Bolognese ein.
Paul hat viel zu erzählen, schließlich ist er schon 13 Monate in Afrika unterwegs. Er wird für uns zum „Fortsetzungsroman“.
In der Rep. Niger hat ihn die Gendarmerie weggefangen, als er auf dem Wege nach Agadez war und bei der Deutschen Botschaft in Niamey abgeliefert. Leider war die geschlossen. Die Gendarmen haben so lange rumtelefoniert, bis der Botschafter persönlich erschien, mit dem ist Paul jetzt befreundet.
Er ist auf Schleichpisten über die Grenzen, hat in den urtümlichsten Dörfern tagelang gelebt und wurde hier in Pointe Noire wegen seiner Freundin bei der Polizei angezeigt.
Sein Visum für Congo hatte er zur Verlängerung bei der Immigrationsbehörde einem Agenten gegeben. Als er von dem endlich den Pass zurückerhält, ist das Visum nicht verlängert, aber seit zwei Monaten abgelaufen.
Zwischenzeitlich hat er sich die nächste Malaria eingefangen. Mit der ersten lag er schon in Libreville im Krankenhaus.
Wir sind der Meinung, dass Paul sein Glück etwas heftig strapaziert und meinen, dass auch sein Schutzengel mal in die Mauser kommt.

 Wir stehen dummerweise direkt am Pistenrand, so dass morgens um 6:00 Uhr die LKWs direkt an unserem Schlafzimmer vorbeifahren.

 

Tag 207

21.04.2012 Samstag

Wir hatten überlegt, unseren einsamen Platz am Strand aufzusuchen und dort das Wochenende zu bleiben. Aber das Strandleben am einsamen Strand ist uns zu langweilig. Also trödeln wir wieder in der Stadt umher. Checken die Mails im Internet, versuchen die Homepage zu aktualisieren, was auch hier wegen der schlechte Verbindung nicht klappt.

 Abends gibt es das nächste Kapitel aus Paul´s Fortsetzungsroman. Ich beginne mit dem Lehrgang „wie werde ich Amtstierarzt in sechs Wochen“. Paul ist ein aufmerksamer Lehrgangsteilnehmer und so erzählen wir bis in die späte Nacht.

 


 

Tag 208

22.04.2012 Sonntag
 

Direkt am Meer stehen in der Nähe des Naval Clubs traditionelle Rundhütten errichtet, in denen Schnitzer und Maler ihre Figuren und Bilder verkaufen. Um die Hütten wird ständig geschnitzt und der Vorrat an Holzelefanten,-giraffen,-nashörnern vergrößert. Das Village de voiliers.
Mit Blick auf den Hafen gibt es dort mehrere Bretterbudenkneipen. Es ist recht afrikanisch-romantisch dort und vor allen Dingen brüllen keine Monsterlautsprecher, wie sie sonst in jeder Kneipe üblich sind. Vor den Kneipen, in denen man auch Fischsuppe essen kann, steht ein Sandwichverkäufer, der auf einem kleinen Campinggaskocher Eier brät, die er dann in die Baguettes stopft. Wir holen uns dort gerne ein Sandwich mit Eiern, Zwiebeln, Jagdwurst und Majo.
Als wir unser Bier trinken und das Sandwich essen, schleppt ein Typ einen verkohlten Tierkadaver an, der auf einen Grill gelegt wird. Das Tier ist nicht ausgeweidet. Als er beginnt, mit der Machete die verbrannten Stacheln abzuschlagen, erkennen wir erst, dass er ein totes Stachelschwein in der Mache hat. Heute gibt es in der Kneipe auch noch etwas anderes als Fischsuppe.
Mit Paul ziehen wir um in unsere Primus - Stammkneipe mit dem billigsten Bier und den stinkendsten Toiletten, obwohl Paul das N’Gok – Bier bevorzugt. Dort hat sich eine Hochzeitsgesellschaft eingefunden. Alle Hochzeitsgäste haben ihre besten Kleider und Anzüge an. Nachdem der Conférencier mit großem Palaver das Brautpaar angekündigt hat, beschreitet dieses den roten Teppich. Wir sind der Meinung es erschiene der Brautvater mit Brautmutter. Nein: die älteren Herrschaften sind das Brautpaar. Der Bräutigam erinnert mich an Nelson Mandela.
Der Gestank aus der Toilette wird so unerträglich, dass wir leider die Hochzeitsfeierlichkeiten verlassen müssen.
Wir hatten mit Paul sein weiteres Vorgehen besprochen. Er hat sich entschlossen, den Pass für das Angolavisum zu Peter nach Berlin zu schicken und den Versuch eine Aufenthaltsgenehmigung für Congo zu bekommen, um über diesen Weg an das Visum zu gelangen, aufzugeben.
Wir rufen Peter an und erfragen, wann er zu seinem jährliche Segeltörn aufbricht, damit er rechtzeitig den Pass von Paul in die Hände bekommt. Paul spricht auch mit ihm und so hoffen wir alle, dass Paul sein Visum noch in diesem Jahr bekommt.
Weil heute Sonntag ist gehen wir in das Restaurant „Gaspard“, das vom Lonely Planet empfohlen wird.
Wir sind die einzigen Gäste (später merken wir, dass wir gar nicht im Hauptrestaurant sitzen). Es gibt nur Fisch. Sigrids Alptraum. Der Kellner will uns unbedingt den Karpfen schmackhaft machen. Wir sind direkt am Meer und wollen keinen Süßwasserfisch. Paul will unbedingt die Fische sehen, bevor sie in die Pfanne kommen. Diese Bitte wird strikt abgelehnt. Wir bekommen „Couf“. Einen Fisch, den wir nicht kennen, der aber wirklich sehr gut schmeckt. Selbst Sigrid isst ein paar Stücke des Filets.
Zurück am Stellplatz müssen wir noch einen Schnaps auf das ausgezeichnete Diner trinken, so dass es wieder spät wird und Pauls Fortsetzungsroman sein nächstes Kapitel beginnt.
Paul, der studierte Betriebswirt, führt uns in die Geheimnisse und Machenschaften des Gebrauchtwagenhandels ein, mit dem er sein Geld verdient hat. Er hat das Milieu so satt gehabt, dass er seinen gut gehenden Betrieb aufgegeben hat und alle Zelte in München auf unbestimmte Zeit abgebrochen hat.
 Wir kommen spät ins Bett.

 


Tag 209

23.04.2012 Montag

Da sich das Waschen in der Maschine bei Nikola erledigt hat, waschen wir gleich beim Frühstück unsere Wäsche in der Schüssel. Im Toyo haben wir Leinen gespannt, auf die wir die Wäsche aufhängen, wenn wir in die Stadt fahren. Das klappt ganz gut, nur die Menge der Stücke darf nicht zu viel werden.
Für Paul ändern wir die für das angolanische Visum verlangte Declaracion ab, ziehen sie auf den Stick, um sie später auszudrucken.
Paul verschwindet und hofft beim Immigrationsbüro den Typen wieder zu finden, der ihm sein Visum verlängern lassen wollte.
Wir fahren zu den Kneipen im Village de Voiliers. Die Kneipen sind sonntags leergesoffen worden, es gibt kein Bier! Das Bedauern der Bedienung ist echt, als sie uns Cola bringt.
Vor den Kneipen erstreckt sich ein Ödfläche mit dichtem Bewuchs. Seitdem wir dort verkehren beackert ein einsamer dünner Mann ein Stück der Fläche, die er versucht zu roden und umzugraben. Es ist eine Knochenarbeit.
Wir fahren zur DHL-Station, um die genaue Adresse für die Rücksendung der Pässe zu erfragen, kaufen im Supermarkt Hackfleisch für die Sauce Bolognese und eine neue Flasche Whisky für etwa 4 €. Die verplauderten Abende verlangen den Tribut.
Im Internetcafe, wo wir mit Paul verabredet sind, funktioniert das Internet nicht. Immerhin können wir seine Declaracio ausdrucken und gehen in die Kneipe mit der stinkenden Toilette. Auch dort gibt es nur noch N´Gok-Bier. Wahrscheinlich ist der Biertransporter von Brazzaville auf der Horrorpiste nach Pointe Noire umgekippt. Ein entsetzlicher Gedanke.
In der Stinkekneipe üben die Mädchen wieder Modeln. Paul ist hin und hergerissen von den hübschen Figuren, wenn ich mich doch bloß erinnern könnte.
 Sigrids Spaghetti Bolognese sind wieder ein Genuss.


 

Tag 210

24.04.2012 Dienstag

Pauls Visum für Congo ist seit über 2 Monaten abgelaufen. Er hat die Ruhe weg und fährt zum Immigrationsbüro, um dort über einen Agenten (?) sein Visum verlängern zu lassen.
Unser Tagesablauf wird zur Routine und ändert sich nicht.

In den Kneipen gibt es wieder Bier. Der Tag ist gerettet.

 Durch den Seewind sind die Abende angenehm kühl. Die Temperatur sinkt unter 27°, was uns lange draußen hält. Dabei schrumpft der Inhalt der Whiskyflasche beträchtlich.



Tag 211

25.04.2012 Mittwoch

Wie immer frühstücken wir auf der Wiese am Strand, der Toyo spendet Schatten. Paul kommt auf eine Tasse Kaffee, nachdem er seine Runde im Meer geschwommen ist. Mir macht immer noch der Rippenbruch zu schaffen, so dass Schwimmen ausfällt.
Die Guardiens, die die Wohnanlage bewachen und deren Dusche wir benutzen, haben festgestellt, dass unser Toyo von innen und außen dreckig ist und wollen ihn waschen.
Das machen wir lieber selber und ich Putze das Auto, während Sigrid wäscht.
Paul verschwindet in die Stadt und bekommt wider Erwarten seinen Pass zurück mit einem neuen Congo Visum für 3 Monate. Den anderen Pass hat er nach Brazzaville geschickt zu einem Agenten (?), der ihm ein Gabun Visum besorgen soll, damit er nach Libreville fahren kann, um sich das DRC-Visum zu besorgen (was für ein Aufwand!). Dummerweise ist in diesem Pass keine Seite mehr frei. Lediglich auf der ersten Seite ist nur ein verblasster unleserlicher Stempel. Auch diese paulinische Aktion klappt wider Erwarten. Er bekommt den vollen Pass, auf der ersten Seite ist der bereits vorhandene andere Stempel mit dem Gabunvisum überstempelt.
Nun muss nur noch der „leere“ Pass mit dem Congovisum kopiert und beglaubigt werden, dann kann er zu meinem Bruder nach Berlin geschickt werden.
Alles ganz einfach. Allerdings ist Pauls Carnets des Passages für das Auto auch abgelaufen. Für Namibia benötigt er zwingend dieses Zolldokument, das er in München beim ADAC beantragen muss.
 Wir beginnen erst einmal die Papiere für das Angolavisum vorzubereiten. Das ist anstrengend und wir gehen in unsere Bretterbudenkneipe.

 

Tag 212

26.04.2012 Donnerstag

Unser geregelter Tagesablauf beginnt.
Zum Frühstück, mit Filterkaffee und einem Ei kommen Kuhreiher vorbei und Hühner, die Paul noch als Ei kennt, weil er schon so lange hier ist. Meistens wäscht Sigrid einige Kleidungsstücke, die zur Vortrocknung afrikanisch ins Gras gelegt werden. Die Guardiens, die die Wohnanlage bewachen sagen „bon jour“. Man lässt sich Zeit. Paul kommt auf einen Kaffee und es wird geplaudert und dabei der Brandung zugesehen. Meine Rippe tut immer noch weh, was das Schwimmen im Atlantik verhindert.
Irgendwann ist es Zeit zu duschen.
Die Sonne steht mittlerweile so hoch, dass der Toyo keinen Schatten mehr bietet, auch das Sonnen-Regensegel hilft nichts mehr. Paul ist meistens schon in die Stadt gefahren, schließlich hat er genug zu erledigen.
Wir packen ein und fahren ins Village des Voliers, wo wir uns an einem kleinen Stand ein Sandwich zubereiten lassen. Der Sandwichmacher hat einen kleinen Bollerwagen, mit einer Kiste voller Brot, einen winzigen Gaskocher mit einer Pfanne und eine weitere Kiste mit zahlreichen Utensilien. Er putzt nach jeder Bestellung mit Papiertüchern (!) seine Dosen und Behälter ab. Schlägt 2 Eier in eine Schüssel, schält eine Zwiebel, wobei er darauf achtet, nur die Schalen mit den Fingern zu berühren. Dann zieht er eine Plastiktüte über die Hände, damit er ja nichts mit den Fingern anfasst. Aus den Eiern wird auf dem Kocher ein Omelette. Auch das Brot wird nicht mit den Fingern angefasst. Das Omelette kommt ins Baguette, alles zusammen mit einer Serviette in eine saubere Tüte. Fertig, kostet 800CFA, etwa 1,20€. Mit unserer Beute gehen wir durch das Künstlerdorf und werden schon nicht mehr angesprochen, um die Auslagen zu betrachten. Hinten mit Blick auf den Hafen ist unsere Bretterbudenkneipe, wo wir zum Sandwich unser Bier bekommen. (Manchmal sogar gekühlt). Bierflaschen werden wieder eingesammelt, die Kronkorken werden irgendwo hingeschmissen, genauso wie Flaschen von Heinekenbier, das sind keine Pfandflaschen. Das Grün vor der Kneipe bis zum Strand ist übersät mit Korken,(Heineken) Flaschen, Papier. Die Kneipe ist mittags beliebt. Es gibt Fischsuppe, die wir nicht mögen. Manchmal ziehen große Herden von Zeburindern durch das Grün. Einige Bullen latschen dann quer durch die Kneipe und kippen Tische um. Man sitzt auf den hier üblichen chinesischen Plastikstühlen. Wenn man Glück hat auf einem, in dem auf der Rückenlehne steht, dass „Jesus unser Herr“ ist. Aufpassen: die Stühle sind häufig zerbrochen, dann stellt man zwei ineinander. Manchmal versinkt man mit ihnen auch im Sand.
Der Bauchladenmensch heißt eigentlich Kopfladenmensch denn er trägt seine Waren auf dem Kopf. Es gibt: gekochte Eier, kleine Tüten mit gesalzenen Erdnüssen, eine dünne Wurzel, von der die Rinde gekaut wird, sie ist bitter, eine Nuss, in der kleine Samen versteckt sind, die sind höllisch scharf, Kolanüsse, Mohrrüben, Ginseng, Papiertaschentücher und Zigaretten, die einzeln verkauft werden.
Die anderen Verkäufer tauchen auf, sie verkaufen Musik CDs, DVDs, aber auch Spielzeug und Elektronikkram. Unser Zigarettenanzünderladegerät für die Handys hat den Geist aufgegeben, hier kaufen wir ein neues.
Es wird Zeit den Standort zu wechseln.
Wir fahren ins Internetcafé, und fangen uns einen Trojaner auf dem Stick ein. Ich habe die Befürchtung, dass alle Daten, die auf dem Stick waren, kopiert wurden. Trotz Formatierung des Sticks und Durchlauf des Virenscanners können wir den Trojaner nicht killen. Wir geben den Stick später Olivier, einem Französischen Erdölingenieur von Total, der ihn auf dem Dienstcomputer mit neuesten Virenscanner bearbeiten will.
Nebenan ist ein kleiner Markt, wo wir einkaufen. Die Marktweiber verlangen von uns allerdings Mondpreise, was das Vergnügen trübt. Aber wir kaufen eine neue Flasche Whisky für 2500CFA, immerhin 3,80€. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Die Anstrengungen des Internets und des Einkaufens treibt uns durch die Schlaglöcher und den Verkehr, Kampf um jeden Millimeter, in die Kneipe mit den stinkendsten Klo und dem billigen Bier. Hier treffen wir Paul – welch Zufall - und wir beide bewundern wieder die Models, die für den Catwalk üben. (Wenn ich mich nur erinnern könnte.) Hier treffen wir wieder dieselben Kopfladenverkäufer aus dem Village de Voiliers und gönnen uns noch eine Portion Erdnüsse für 100 CFA zum Bier.
Nach 17:00 Uhr drehen die die Lautsprecher auf. Dann ist es Zeit „nach Hause“ zu fahren und das Abendessen zu kochen, während die Sonne im Atlantik versinkt.
 Zum Diner gibt es Bier aus dem Kühlschrank und als Digestive den Whisky und anregende Gespräche bis in die Nacht. Wenn Olivier aus seiner Luxusbehausung gegenüber uns besucht, und er wieder deutsch sprechen will, dauert es besonders lange, bis wir endlich in den Toyo klettern können.

 

 

  

Tag 213

27.04.2012 Freitag

Die Kuhreiher erwarten uns schon, als wir aus dem Auto krabbeln. Einer hat so etwas Ähnliches wie einen Spatz gefangen und versucht ihn runterzuwürgen. Die anderen jagen ihm den Spatz ab. Unsere Frühstücksunterhaltung sie zu beobachten.
Paul schwimmt seine Runde im Meer. Er wurde heute Nacht von einer Freundin besucht, die bei ihm noch in der Wohnkabine seines Hilux im Bette liegt. Sie verschwindet, ohne dass wir sie gesehen haben.
Auf dem Handy finden wir einen Anruf der angolanischen Botschaft in Berlin. Ich rufe die Botschaft an und bekomme die Mitteilung, die Visa seien erteilt, die Pässe können abgeholt werden. Vor Freude springen wir auf der Wise rum, die Kuhreiher sind verstört. Ich rufe Peter an, der ist bereits auf dem Weg zur Botschaft. Kurz darauf ruft er uns an und teilt mit, dass alles geklappt hat, es sind Visa für 30 Tage erteilt worden. Er will nach Hause fahren und die Pässe dann zur Post bringen.
Wir „arbeiten“ weiter daran, die Papiere für Pauls Visumantrag für Berlin vorzubereiten. Sigrid kommt auf die Idee, dass eine Vollmacht für Peter, der den Pass abgibt und abholt, hilfreich sei. Ich schreibe eine Vollmacht, in der wir die Personalausweisnummern zur Identifikation eintragen wollen. Auch Rene soll eine Vollmacht bekommen, als Nothelfer. Ich rufe Christiane an und hole mir Rechtsbeistand bei der Formulierung der Vollmachten, sie seien so in Ordnung. Dann fährt er los, um die Passkopie beglaubigen zu lassen; denn der Pass, in dem sein Congo-Visum ist, wird nach Berlin geschickt. Er muss versuchen nur mit der Kopie des Passes die Grenze nach Gabun zu passieren. Wir verabreden uns im Internetcafe. Davor ist eine Bretterbudenkneipe. Das Warten auf Paul macht durstig, die Kneipe hat unser Lieblingsbier „Primus“. Die Bedienung versucht beim Bezahlen einen Trick. Sie rückt das Wechselgeld nicht raus und hofft, dass die Weißen es leid werden, darauf zu warten. Ich verlange von ihr das Wechselgeld. Nun behauptet sie, sie habe kein Kleingeld zum Wechseln. Ich schnappe mir den Schein, den ich ihr vorher gegeben habe und gehe wechseln. Sie ist sauer. Ich bin es auch.
Paul kommt. Er bekam seine Beglaubigung irgendwo in den Vororten, wo man ihn 1 Stunde hat warten lassen.
Peter ruft an. Er sei bei der Post und wisse gar nicht so genau, in welchem Land wir stecken. Er habe beinahe die Pässe nach Angola geschickt. Er bekommt die Adresse, wo die Pässe hingehen sollen. Hoffentlich verwechselt er nicht die Republik Congo, wo wir sind, mit der Demokratischen Republik Congo, wo wir nicht sind.
Peter teilt seine Personummer mit. Auch von Rene bekommen wir die Nummer.
Peter hat erzählt, dass aus Angola von Barbara doch ein Einladungsschreiben an die Botschaft gefaxt wurde. Also rufen wir Barbara in Lobito-Angola an und bitten, dass sie für Paul noch einmal ein Schreiben faxt. Sie ist dazu bereit.
Alles ist geregelt, bei einem Bier kontrollieren wir die Papiere, die Paul dann abschickt. Auch das dauert eine Stunde, weil die Mädchen in der DHL-Station Schwierigkeiten mit der Adresse haben.
Zur Feier des Tages gehen wir essen im Gaspard. Es ist lecker und die Portionen sind groß, so dass wir uns die Reste einpacken lassen.
 Am Stellplatz kommt Olivier, der deutsch spricht und lädt uns zu einem Rundflug in seinem Leichtflugzeug ein. Er kennt sich gut aus in Deutschland, wir erzählen lange und trinken den Billigwhisky.

  

Tag 214

28.04.2012 Samstag

Pauls Pass ist unterwegs. Er ruft morgens Peter an und teilt ihm die DHL Nummer mit.
Wir verziehen uns irgendwann ins Village Voliers zu Sandwich und Bier. Paul will zu einer 70km weit entfernten Plantation, die von 2 Brüdern betrieben wird, die mehr schlecht als recht davon leben. Von dort will er einen Canyon suchen, der nur auf einer Horrorpiste zu erreichen ist. Montags will er zurück sein, er transportiert dann die Brüdeer und die Bananen nach Pointe Noire. Er lädt uns ein mit zu fahren. Wir haben keine Lust uns ohne Notwendigkeit auf den üblen Pisten zu tummeln.
Also führen wir unseren geregelten Tagesablauf. Im Internet stellen wir fest, dass unsere Pässe bereits in Lagos sind. Das gibt Auftrieb.

Zu Abebdessen gibt es die aufgewärmten Rest-Spieße aus dem Gaspard.
Olivier kommt und es wird eine lange Nacht.

Tag 215

29.04.2012 Sonntag
 

Nach unserem ausgiebigen Frühstück gehen wir ins Internetcafe. Wir erfahren, dass unsere Pässe Lagos verlassen haben.
 Darauf muss man ein Bier trinken im Village de Voliers.

 

Tag 216
 

30.04.2012 Montag

Voll freudiger Erwartung fahren wir zur DHL-Station, um unsere Pässe in Empfang zu nehmen.
Es ist unglaublich: Die Congolesen machen einen offiziellen Brückentag zum Ersten Mai. DHL ist geschlossen.
Unsere Enttäuschung spülen wir mit einem Bier im Village de Voliers und in der Kneipe mit dem stinkendsten Klo runter.
Abends kommt Paul zurück. Er erzählt, dass ein Jäger auf die Plantage gekommen ist, der eine „Boa“ erlegt hat und das Fleisch verkaufte. Es gab bei ihm Schlangenbraten. Die Schlange, so erzählt er, wird mit einer Schlinge gefangen. Der Jäger weiß wo sie wohnt und baut Zäune, an der sie entlang kriecht. Irgendwo lässt er ein Loch, kriecht sie durch sitzt sie in der Schlinge.
 Ich erkläre Paul, dass es hier keine „Boas“ gibt, sondern Python und die seien streng geschützt. Einige Tage später, als er bei seinen Freunden die Reste der Schlange vertilgt hatte, hat er erfahren, dass die Menschen hier „Boa“ zu dem Tier sagen, weil sie wissen, dass der Python geschützt ist. Naja, sie haben ja auch vor etwa 20 Jahren hier den letzten Gorilla aufgefressen. So endet Afrikas Tierwelt in der Peppersauce.


Tag 217

01.05.2012 Dienstag

Wir fahren ein wenig in der Gegend rum und finden eine Kneipe. Man sitzt gemütlich auf halb zerbrochenen chinesischen Plastikstühlen unter Mangobäumen und dazu trommelt und tanzt eine Gruppe Menschen. Der Vortänzer hat sich aus alten Säcken ein Bambusröckchen gefertigt, die Frauen zeigen viel von ihren Reizen. Sie toben in der prallen Sonne umher und es wird getrommelt. Uns ist schleierhaft, dass sie nicht einen Hitzschlag bekommen. Ende der Trommelei, es wird gesammelt. Mit 1000 CFA gebe ich ihnen wohl zu wenig, denn wir werden im Chor angebrüllt und betrommelt. Ich lege einen 500er drauf, es wird noch mal gebrüllt, aber es reicht wohl. Ich machte schöne Fotos, die wir nie zu sehen bekommen werden, aber davon später.


 

Tag 218

02.05.2012 Mittwoch

Der Tag ist gekommen!
Wir fahren zur DHL Station. Sie hat geöffnet.
Die Mädels dort wollen erst einmal die Nummer der Sendung haben. Sie geben sie in den Computer ein. Der funktioniert nicht. Nun wollen sie meinen Namen. Den kriegen sie nicht auf die Riehe. Ich gebe ihnen meinen Pass, in dem sie den Namen auch nicht finden. Endlich sagt die eine Tussi, da hinten im Regal liege doch eine Sendung. Nachdem der Pass fotokopiert ist, bekommen wir unseren Umschlag und drin sind die Pässe mit den Angolavisen. Geht doch, alle ganz einfach hier.
Diesen Erfolg feiern wir mit einem Bier im Village de Voliers, das wegen der Hafenerweiterung abgerissen werden soll.
Morgen wollen wir nach Dolosie fahren und dann weiter in die DRC (Zaire). Mit Paul haben wir uns verabredet im Gaspard, zu einem letzten Abendessen. Unsere Passtasche nehmen wir mit, um Paul die Visa zu zeigen.
Er kommt, wie immer etwas später und stellt sein Auto direkt neben unseres, so dass wir den Toyo nicht mehr im Blick haben.
Und dann verlässt uns unser Glück für eine lange Zeit.
Nach dem guten Essen, stellen wir fest, dass die Fahrertür des Toyo offen ist. Drinnen ist alles durchwühlt. Es fehlen beide Fotoapparate (Nikon D700 und Canon Powershot), die Objektive, mein Leatherman, mein Solinger Messer, alle Akkus, das 12Volt-Ladegerät für den Computer, Sigrids Tasche mit Führerschein und mein Rucksack, in dem alles abtransportiert wurde.
Fotos der letzten vier Wochen sind weg.
Das Geld haben sie nicht gefunden. Glück, dass wir die Pässe mit ins Restaurant genommen hatten.
Wir sind fix und fertig, auch weil wir keine Einbruchsspuren finden und ich im Zweifel bin, ob ich den Toyo abgeschlossen habe.
Wir fahren zur Polizeihauptwache. In einem verlodderten Büro, angrenzende Arrestzelle, aus der die Gefangenen natürlich hochinteressiert zu sehen, wird alles auf ein Schmierzettel geschrieben. Die Polizisten erklären, sie müssen jetzt viel telefonieren und benötigen Benzingeld. Ich drücke 5000CFA ab. Wirf solle aber noch zur zuständigen Wache am Place Lumumba fahren.
Auch das tun wir, wieder wird ein Zettel vollgeschrieben, aber Paul bekommt auch die Telefonnummer eines Polizeioffiziers, der den Fall bearbeitet.

 Wir kommen spät ins Bett und beschließen, den nächsten Tag in Pointe Noire zu bleiben. Vielleicht findet die Polizei etwas. Oft steckt sie mit den Dieben unter einer Decke und erwartet eine Belohnung, wenn sie das Diebesgut „findet“.

 

Tag 219

03.05.2012 Donnerstag

Wir gehen mit Paul zur Polizeihauptwache. Dort weiß keiner etwas von unserer nächtlichen Anzeige, bis ein Gefangener aus der Arrestzelle kräht, wir seien da gewesen und uns seien zwei Fotoapparate geklaut worden. Der Chef der jetzigen Schicht entschuldigt sich, dass da wohl etwas schief gegangen sei. Paul ist sauer und motzt ihn an, wo denn hier die Seriosität sei. Ich stupse ihn an, um ihn zu bremsen. Jetzt wird alles noch einmal in ein großes Buch eingetragen. Wir versprechen eine Belohnung, wenn etwas gefunden wird.
Bei der Lumumba-Polizeistation kann uns keiner Auskunft geben. Der zuständige Beamte ist nicht mehr da. Aber wir können ihn anrufen. Er kennt wenigstens unseren Fall und will uns am nächsten Morgen anrufen. Wir versprechen eine Belohnung.
Wir holen Geld aus dem Automaten und gehen in ein prachtvollen Elektronikladen. Der Chef, ein Libanese kommt mit Dollarzeichen in den Augen auf uns zu. Nach kurzer Verhandlung kaufen wir eine neue Canon Powershot. Sie kostet etwa 580€. Das Doppelte, was sie in Deutschland kosten würde. Aber weiter zu fahren, so ganz ohne Kamera, ist uns zu blöd.
 Das Gaspard ist uns vermiest und wir feiern unseren letzten Abend in Pointe Noire und den Abschied von Paul in der eiskalten Kneipe des Algeriers. Er gibt sogar ein Bier aus und wir fotografieren eifrig mit der neuen Kamera. Auf die paar Taler fürs Essen kommt es auch nicht mehr an.

Paul in der eiskalten Kneipe

Abschied von Pointe Noire

Die Wachtruppe

Tag 220

04.05.2012 Freitag

Wir warten noch bis 9:00 Uhr. Der Polizist meldet sich nicht. Paul ruft ihn an. Nein, es habe sich noch nichts ergeben, aber sie werden die Diebe finden.
Beim Einräumen findet Sigrid die Spuren des Einbruchs an der Fahrertür. Sie sind mit einen gebogenen Draht durch die Dichtung der Tür gekommen und konnte den Verrigelungsstift hochziehen. Die Dichtung ist kaputt. So einfach kann man einen Toyo knacken.
 Wir verabscheiden uns von Paul und fahren los. Wir kommen in einen Stau, der uns noch 2 Stunden in Pointe Noire kostet. Auf der „Autobahn“ sind wir abends in Dolosie.

Die Mission hat keine Zimmer mehr frei, so dass wir nicht duschen können. Wir stellen den Toyo wieder unter das Hallendach und erleben wieder das übliche Gebimmel, Geglockel, Gesinge und Lobpreisen. Dieses Mal bezahlen wir nichts und verschwinden früh.


 


Tag 221

05.05.2012 Samstag

 In Dolosie erkundigen wir uns noch einmal nach einem Laisser Passé für die Strecke nach Londales Kayes bei der Polizei. Die weiß von nix, setzt uns aber einen Muschik ins Auto, der uns zur Immigration führt. Also, wir brauchen kein Papier für die Strecke. Wir kaufen noch einmal im grand marché ein und fahren tanken. Dort treffen wir „Patou“, unseren Freund, der uns erfolglos beim Angolavisum geholfen hat. Große Freude und gleichzeitige Verabschiedung, denn wir fahren auf die Piste.


Die Piste ist in gutem Zustand und wir sind in 3 Stunden in Londela Kayes.
S 4.84354 E 13.39847
Da wir keine Möglichkeit gefunden haben, vor der Grenzstation zu übernachten, fragen wir bei der Gendarmerie.
Der Immigrationschef kommt und stempelt gleich unsere Pässe ab, obwohl wir ja erst morgen ausreisen wollen, der Gendarm ist so freundlich und stempelt das Carnet.
 Übernachten können wir, aber nur direkt vor der Gendarmeriehütte und vorher müssen wir zum Präfekten und zum Dorfältesten (103 Jahre) und zum Bürgermeister, die dann alle zum Toyo kommen, mit dem Rest der Dorfeinwohner.

Dorfältester und die hilfreiche Gendarmerie

Während wir versuchen uns dort einzurichten, ruft Paul an, dem sein Auto auf dieselbe Art geknackt wurde, wie unseres. Direkt auf der Hauptstraße sei sein Fotoapparat geklaut. Er hatte aber Glück. Der Dieb sei beobachtet worden, läge in Handschellen gefesselt vor ihm auf dem Boden der Polizeistation und er habe seinen Fotoapparat wieder. Leider seien unsere Apparate noch verschwunden. Wir vermuten, dass unsere Autos gezielt ausgespäht wurden und die Kellnerin des Gaspard, der ich die Hölle heiß gemacht hatte, weil auch sie das Wechselgeld nicht rausrückte, uns an ihre Gangsterfreunde verpfiffen hat.

Vor der Gendarmeriestation versuchen wir das Hubdach zu öffnen. Ich wuchte es hoch und es fällt wieder zu!
Die zahlreichen Zuschauer sind begeistert. Ich mache den nächsten Versuch und brülle um Hilfe. Zwei Gendarmen springen ins Auto und halten das Dach hoch. Der rechte Öldruckdämpfer des Hubdaches verliert Öl. Der Unterchefgendarm hackt mit der Machete einen dicken Bambus ab, die beiden anderen halten immer noch das Dach hoch. Der Bambusstock passt, tolles Augenmaß, wir verkeilen ihn unter dem Dach und es bleibt offen. Die zwei Gendarmen kommen aus dem Auto und reiben sich die schmerzenden Arme. Wir geben den freundlichen Gendarmen erst einmal ein Bier aus. Kurz darauf will der Chefgendarm, der die ganze Zeit faul in einem Stuhl unter dem Baum gesessen hat, wissen, ob ich seinen Knechten etwas gegeben habe. Das Bier sei noch ok. Aber Geld überhaupt nicht. Korruptionsbekämpfung(!!) wir fassen es nicht. Aber die Gendarmen haben außer Bier nichts bekommen.
Sie hacken von einem Baum Holzstangen ab, mit denen das Dach weiter fixiert wird. Es klappt.
 Nach dieser Aktion kommt die Dorfbesichtigung. Wir sehen den Dorfbackofen und die Schnapsbrennerei. Aus Maismaische wird dort ohne Destillierapparat eine Brühe gebraut, die wenigstens 45% Alkoholgehalt hat.

Schnaps Destille

Das Zeug tropft aus einem Kessel direkt in die Flaschen.
Nach ausgiebiger Verkostung des Gesöffs, telefonieren wir sofort mit René, der sich mit dem Hersteller des Daches in Verbindung setzen wird. www.off-road-schmiede.de
Am Toyo versammeln sich jetzt etliche Leute und es wird der Schnaps getrunken und Palmwein getrunken, obwohl uns so gar nicht zu Feiern ist. Zurück nach Pointe Noire, um dort mit Paul auf Ersatzteile für das Dach zu warten, geht nicht; denn wir sind offiziell schon aus der Republik Congo ausgereist.
 Vielleicht ist es ganz gut, dass wir leicht besoffen in unser bambusgestütztes Hochdach krabbeln.

 

Tag 222

06.05.2012 Sonntag

Wir haben schlecht geschlafen, immer mit der Angst, uns klappt das Dach zu.
 Wir frühstücken nur kurz und klappen ohne Hilfe; denn das müssen wir später auch das Dach zu. Es ist schwer, aber es geht, wenn Sigrid den Hauptstützstock festhält. Die Stöcke packen wir ein.


Der freundliche Gendarm, der uns die Nacht bewacht hat, bekommt noch einen Kaffee und schreibt uns den Weg auf nach DRC. Die Piste sei gut, wir werden mittags in Matadi sein.
Die Piste ist schmal und wir kommen durch einige Dörfer, wo wir nach dem Weg fragen. Die Wegbeschreibung taugt nichts. Die Piste wird schmaler und ist im 3m hohen Gras kaum noch zu erkennen. Die Bäume stehen so eng, dass ich mit der Machete Äste abschlagen muss, damit wir durchkommen. Der Toyo bekommt die nächsten Macken ins Blech durch die Bäume. Die Piste wird etwas breiter, wir überqueren eine kleine Brücke und geraten an einer kleinen Steigung an eine Auswaschung. Am rechten Rand der Piste ist eine 1,20m tiefe Rinne ausgewaschen, die so breit ist wie der Toyo. Sie ist nicht zu umfahren, denn hier hat sich schon ein Hohlweg gebildet. Rechts und links ist das hohe Gras und Bäume.
 Sigrid findet einen fast unsichtbaren Trampelpfad im Gras, der den Berg hochführt. Ich gehe ihn hoch und finde kein Durchkommen. Beim Zurückgehen finde ich den Pfad im hohen Gras erst nach intensivem Suchen wieder. Ich muss bergab. Dieses Wissen hilft mir, Sigrid wieder zu finden.


Wir fahren den Toyo ein Stück zurück und ich versuche aus dem Hohlweg raus über das Hohe Gras zu fahren. Der Toyo drückt das Gras nieder, schwimmt auf dem Gras auf und bleibt stecken.
Wir bauen die Bleche ab und legen sie in die Auswaschung. Sie sind zu schmal und taugen nicht als Brücke. Steine oder Äste zum Ausfüttern gibt es nicht.
Letzter Versuch: Rechts und links der Auswaschung ist so viel Platz, dass der Toyo vielleicht mit 3cm Reifenfläche auf dem Rand fahren kann. Sigrid soll mich einweisen. Links ist so hohes Gras, dass der Rand nicht zu sehen ist. Etwa 5m müssen überbrückt werden. Ich taste mich mit dem Toyo vorwärts. Das Auto rutscht nach 2m ab, rutscht in den Graben und bleibt an dem Trittbrett links und an der Karosserie hängen. Bevor er weiter in die Rille rutschen kann, habe ich ihn mit allen verfügbaren Sperren rückwärts wieder rausgefahren. Eine üble Beule ziert nun unseren Toyo.
 Wir müssen zurück. Mühsam wenden wir den Toyo, fahren über die Brücke, einen steilen glitschigen Berg hoch an dem uns ein Schwung Jugendlicher einholt, die sofort auf die hintere Stoßstange springen und versuchen aufs Dach zu klettern. Ich kann an dem Berg nicht anhalten. Oben angekommen, machen sie uns klar, dass sie uns ins Dorf führen können. Sie zeigen uns den Weg. Wir wenden wieder, fahren den Berg wieder runter, und sie führen uns zu dem Trampelpfad im Gras, auf dem ich mich schon verirrt hatte. Im ersten Untersetzergang fahre ich ihnen hinterher. Sie führen uns durch das Gras den Berg hoch bis ins Dorf, wo wir wie im Triumphzug von der gesamten Bevölkerung jubelnd empfangen werden.


Wir werden zu einer Hütte gebracht und uns wird erklärt, dies sei Kintamba Wola
S 4.85737 E 13.45056 das erste Dorf in DRC und hier müsse die Immigration gemacht werden.
In der Hütte sitzen wir auf einer Bank, ein Sekretär sitzt uns gegenüber, der Chef der Grasführer, er hatte 5000CFA bekommen, auf einem Stuhl, daneben der Älteste, und noch ein Sekretär und drumherum etwa 25 Leute, die sich in der Hütte drängeln. Am Fenster hängen die Kinder und streiten um den besten Platz, vor der Tür drängeln Leute, die in die Hütte wollen. Wir sind die Sensation. Manche werden hier das erste Mal Weiße gesehen haben.
 Der Sekretär will einen Fußball haben für die dorfeigene Mannschaft, ich gebe ihm 5000 CFA, es ist ihm zu wenig (wie üblich).

Es gibt Weiße zu bestaunen


Wir warten auf den Immigrationsoffizier. In der Zwischenzeit wandern unsere Pässe von Hand zu Hand und werden abgeschrieben. Ein Sekretär der Finanzbehörde in gutem Anzug taucht auf und begrüßt uns.
Die Zuschauer haben Geduld. Nach 5 (!) Stunden kommt der Immigrationschef mit dem Motorrad. Da es dort, wo er herkommt, keinen Handyempfang gibt, musste er von einem Motorradfahrer benachrichtigt werden. Er schreibt die Pässe noch einmal ab, stempelt, notiert Größe und Gewicht von uns und schmeißt die Zuschauer raus: „Wir müssen uns unterhalten.“ Dann erklärt er uns, dass er Sprit verfahren habe und nun einen Ausgleich für sein Kommen benötige. Ich sage ihm, dass wir auch zu ihm gekommen wären und dass dies hier sein Job sei und er von uns nichts bekommt. Es klappt er meckert nicht, wir zahlen nichts.
Nun sollen wir nach D`Nomba zur Polizei fahren, die Piste sei kein Problem. Der Finanzanzugträger will mit, wir sagen ihm, dass wir keinen Platz haben und fahren los. Übernachten wollen wir in dem Dorf nicht; denn wir wären auf Schritt und Tritt und bei ALLEN Verrichtungen von einer Horde Neugieriger verfolgt worden.
Die Piste ist nicht schlecht aber wir verfahren uns an der ersten Weggabelung. Kurz vor einem Dorf liegt ein Baumstamm im Wege, den wir mühsam wegwuchten. Im Dorf werden wir zurückgeschickt zur Weggabelung, wo der Finanzanzugträger steht. Die Piste sei gut, meint er und wir fahren ohne ihn weiter.
Im nächsten Dorf lassen wir uns auf die Piste einweisen, die wieder nur ein Trampelpfad ist. Das erste tiefe Loch am Pistenrand kann ich im hohen Gras erkennen und umfahren und dann rutscht der Toyo links in ein Loch und droht umzukippen. S 4.92374 E 13.45463.
Ich versuche den Toyo mit der bewährten Methode freizubekommen, doch er rutscht weiter ab, auf eine 1,50m tiefe Auswaschung zu. Die Schräglage ist beängstigend. Nur noch 50 cm trennen das Auto vom noch tieferen Loch. Auch vor dem Wagen ist in 3m Entfernung ein weiteres sehr tiefes Loch.
Bei dem Versuch, den Wagen zu befreien hat sich ein armdicker Hartholzbaumstumpf so zwischen Karosserie und hinterer Stoßstange gequetscht, dass das Auto überhaupt nicht mehr zu bewegen ist. Ein dicker Baum steht direkt dahinter, so dass der Toyo sauber verkeilt ist.
 Ich beginne den Baumstumpf unter dem Auto mit der Machete abzuhacken, als ein Mann vorbeikommt, der uns sofort hilft. Er hackt auch den dicken Baum ab.

Wir machen die Bleche ab und legen sie unter die Räder. Der Toyo rutscht weiter ab und steh noch schiefer.
Der Helfer schickt Frauen, die vorbeikommen ins Dorf, um Hilfe zu holen. Es wird dunkel.
 Es kommen etliche Männer und der Finanzanzugträger, der das Kommando übernimmt, nachdem er uns beschimpft hat. Er sei hier der Verantwortliche des Distrikts und er habe uns gesagt, dass er uns führen müsse usw. Die Leute hören auf ihn und beginnen die Achsen freizuschaufeln, die tief im Sand stecken. Nächster Versuch, kein Erfolg, von Blechen hält der Typ nichts. Dier erste Schaufel geht zu Bruch. Wir setzen die Winde ein, mit dem Erfolg, dass sie den Toyo weiter auf das große Loch vor uns hinzieht und den Baum entwurzelt. Der Großsprecher lässt Löcher unter die rechte Räder graben, damit dort der Toyo hineinplummst und sich die Schräglage bessert. Die Räder haben allerdings keine Traktion mehr. Mittlerweile ist es dunkel. Nur unsere Taschenlampen und die Scheinwerfer des Toyos beleuchten die Szene.


Es wird weiter gebuddelt. Der Toyo steht nun so auf den Blechen, die hochgeklappt sind, dass er das Abschleppseil an der hinteren Stoßstange blockiert, das notwendig wäre, um die letzten Meter zu einem dickeren Baum im Busch für das Windenseil zu überbrücken. Wir heben den Toyo mit dem Wagenheber an, das Auge, in dem die Kurbel des Wagenhebers gesteckt wird, bricht. Ich falle in das Loch, das allerdings mit Gras gepolstert ist und reiße mir die Hose bis zu Gürtel auf. Mittlerweile ist die gesamte Dorfbevölkerung anwesend, die sich köstlich amüsieren besonders, da mein Hintern jetzt nur noch von der Unterhose bedeckt ist. Ein Hund macht es sich bequem und neugiert genauso wie seine Leute und beginnt auch zu buddeln, je mehr die Helfer unter dem Auto graben. Sigrid wird etwas abseits von einem Besoffenen getröstet, der erklärt, der Finanzanzugträger sei besoffen.
Der Finanzanzugträger lässt mit unseren Macheten einen Baum fällen und die Äste wie einen Knüppeldamm vors Auto packen. Jetzt kommen auch noch die Bleche zum Einsatz und der Toyo kommt nach 5 Stunden frei. Ich drücke dem Finanzanzugträger 50000CFA für die Helfer in die Hand, die er verteilt.
Wir packen unser Werkzeug in den Toyo, wobei wir einige Verluste erleiden, wickeln das Windenseil mehr schlecht als recht ein. Sigrid kommt mit dem netten Ersthelfer nach hinten in die Kiste, der Finanzanzugträger auf den Beifahrersitz. In Finstern fahren wir einige Meter, einige Leute versuchen wieder hinten auf das Auto zu klettern. Dann ist wieder Schluss. Die Auswaschungen sind zu tief. Der Finanzanzugträger und die Helfer suchen einen Weg abseits der Piste, den sie mit der Machete freischlagen. Sie ackern wie die Wilden. Ich taste mich nach ihren Weisungen in stockfinsterer Nacht vorwärts durch den Busch. Dann: ein Zischen. Das Reifenventil vorne rechts verliert Luft. Ich fummele etwas daran rum und das Zischen hört auf. Wir kommen irgendwie zurück auf die Piste und der Reifen ist platt und von der Felge gelöst. Die Reifendecke ist voller Schlamm.
Wir beschließen, den Reifen am nächsten Tag zu wechseln und bitten die Helfer wieder zu kommen, denn wir haben keinen Wagenheer mehr, der ist bei der Aktion zerbrochen. Am Hang in Schräglage heben wir unser Dach an und verkeilen es mit den Stöcken auf schon bewährte Weise.
 So richtig gut schlafen wir nicht.

 

 


Tag 223

07.05.2012 Montag



Es ist gerade hell geworden, da sind der Großsprecher und der Ersthelfer wieder da. Sie haben sogar einen Wagenheber und eine Schaufel mitgebracht. Allerdings haben sie das Flacheisen, mit der der Wagenheber hochgepumpt wird, vergessen. Also setzen wir den HiJack ein und heben den Toyo an der Wasserstoßstange an. Das Rad wird gewechselt, der HiJack lässt sich nicht nach unten ablassen, so dass ich den Toyo vom Heber fahre.
Wieder gehen die Helfer vorweg, um den Weg zu weisen. Dann, nach einem kurzen Stück breiter Piste, steigen sie mit in den Wagen. Sigrid und der Ersthelfer hinten der Großsprecher vorne. Ich fahre den Toyo mit den rechten Reifen auf einer Spur. Daneben geht es sofort 20m abwärts. Die linken Reifen fahren durch so hohes Gras, dass ich nichts sehen kann. Es lenkt der Großsprecher auf dem Beifahrersitz, ich gebe nur noch Gas. Nur gut, dass Sigrid davon hinten nichts mitbekommt.
Kurz vor N`Doma lässt er anhalten: „Wir müssen uns mal unterhalten“ und will seine Belohnung. Ich drücke noch einmal 30000CFA ab und sage es sei für beide. Er will gleich die beiden 10000er Scheine einstecken und dem netten Ersthelfer nur einen Schein abgeben.
S 4.95180 E 13.43679
Wir kommen ins Dorf und weil ich frage, ob man hier CFA in Congo Franc wechseln kann, werden wir ins Haus des Großsprechers geführt. Dort schleppt eine blutjunge Frau die neueste Tochter spazieren, die uns als Veritée vorgestellt wird. Der Ersthelfer kommt mit einer Tasche voller Geld, setzt sich mit auf die wacklige zerschlissene Polstergarnitur, die auf dem Lehmboden steht und wechselt Geld zu einem schlechten Kurs. Er wollte uns wohl einen besseren Kurs geben, aber der Großsprecher verhinderte das.
Wir sollen nicht mehr zur Polizei gehen, so der Großsprecher, alles sei jetzt in Ordnung und zur Mittagszeit seien wir in Matadi. Das haben wir schon einmal gehört.
 Wir fahren aus dem Dorf und bleiben einige Kilometer weiter stehen, um das Auto aufzuräumen. Natürlich bleiben wir nicht lange alleine. Von den Bergen herunter kommen Leute, die uns beneugieren, während wir den Hijack wieder am Toyo anbringen, die Winde einpacken und Klarschiff machen, hacken sie an unseren Stützen fürs Hochdach herum, weil sie außer neugieren sonst nichts weiter zu tun haben. Später, heute Abend, ist unsere Hauptstütze zu kurz.

Gräber im Busch (Hoffentlich nicht für uns)

Da sitzen Weiße in einer Brettenbudenkneipe


Wir fahren weiter auf einer „geht so“ Piste bis zur Asphaltstraße nach Matadi und kommen über die einzige Brücke über den Kongo. Matadi liegt an den Berghängen am Kongo und sieht von Ferne phantastisch aus.


In Matadi finden wir im Dunkeln und nach langem Fragen die Katholische Mission S 5.83138 E 13.46113. 10 US $ sollen wir dort bezahlen pro Nacht.
 Als wir uns dort installieren wollen beginnt der Wolkenbruch. Es gießt aus Kübeln. Wir dürfen durch einen Torweg in den Innenhof direkt hinter die Mariengrotte fahren und die Chefnonne schließt uns den Salon mit tiefen Polstersesseln auf, in dem wir das Ende des Tropenguss erwarten. Irgendwann spät stellen wir unser Hochdach auf, eine Stütze ist zu kurz, was wir aber kompensieren können. Dann kochen wir noch und schlafen bis zum christlichen Frohlocken um 5:30 Uhr.


Tag 224

08.05.2012 Dienstag

Matadi am Hafen


Wir stehen direkt auf dem Schulhof der Mission, hinter der Mariengrotte. Für die Schulkinder sind wir der „weiße Elefant“. Sie stehen uns auf den Hacken, bis sie endlich in den Klassenräumen verschwinden müssen.
Wir fahren los, um die Verluste der Bergungsaktion auszugleichen. Der Reifendienst zieht ein neues Ventil ein. Das Ventil war wohl durch einen Baumstamm abgerissen. Der Spezialist meint, dass die Reifendecke in Ordnung sei. Hoffentlich. Direkt nebenan können wir einen 5 Tonnen Wagenheber kaufen und der Tischler wird herangeschleppt, damit er uns Stützstangen aus Hartholz für das Dach fertigt. Wir bezahlen in US $, zu viel, aber wir sind zu erschöpft zum Handeln. Am Hafen an der Centralbank stehen die Geldwechsler. Die Security beschützt uns während wir die restlichen CFA und Dollars in Kongo Franc wechseln. Wir staunen, wie teuer hier alles ist. Die Telefonkarte von Congo funktioniert auch in DRC. Wir lassen sie aufladen. Und können mit Rene telefonieren. Er hat den Off Road Schmied erreicht, der benötigt die Länge der Öldruckdämpfer oder die Newtonmeterzahl, die auf den Stangen gedruckt sein soll. Ist sie nicht, wir haben schon Daten an der Stange gesucht.
Dann fahren wir durch die Stadt, die völlig verkommen ist. Kein Wunder bei den ständigen Kriegswirren hier im Kongo. Die Bretterhütten stehen malerisch, romantisch an der Hängen. Am Grand Marché finden wir eine Bretterbudenkneipe und können Hähnchenteile essen. Für Schweineschwartenteile sollten wir etwa
3 € pro Stückchen bezahlen. Eier kaufen wir für 33€ Cent das Stück. (Aber es wird noch toller kommen)
Zurück in der Mission spricht uns die Mutter Oberin bereits auf die Knete an. Wir verweisen auf morgen und beschließen früh aufzustehen, um den Schulkindern zu entgehen, die uns jeden Bissen des Frühstücks in den Mund gucken.
 Es gibt kein Wasser: Ein 200l Fass liegt neben dem trockenen Wasserhahn. Den Verschluss kann man aufschrauben und dann das Fass rollen, bis Wasser aus dem Verschluss kommt. Eine Nonne, die mir den Trick zeigt, hält mich für völlig verblödet, dass ich nicht selber auf die Idee gekommen bin.

 

Tag 225

09.05.2012 Mittwoch



Wir stehen im Dunkeln auf, holen Wasser aus dem Hahn in der Toilette, füllen unsere Tanks, weil wir die nächsten Tage im Busch nächtigen werden. Das Einklappen des Zeltes ist jetzt eine besondere Prozedur. Sigrid zieht sich Handschuhe an, klettert auf die Stoßstange und hält die Bambusstange fest. Ich entferne die beiden Holzstangen draußen am Auto, die unter dem Dach verkeilt sind. Dann klettere ich auf das Mobiliar im Auto und entferne die letzte Stange, die innen das Dach hält. Nun hängt die ganze Chose nur noch an der Bambusstange, die Sigrid festhält. Nun stemme ich mit dem Rücken das Dach ein wenig an und Sigrid nimmt den Bambus weg. Mit dem Dach auf dem Buckel klettere ich von den Möbeln, versuche die Zeltplane nach innen zu ziehen und senke das Dach ab. Links bleibt immer ein Spalt, weil die linke Hubstange das Dach nach rechts drückt. Nun wird so lange am Dach gezerrt, bis der Spalt verschwunden ist.
 Wir müssen tatsächlich 20 $ bei den Nonnen bezahlen und fahren um 8:00 Uhr los. Noch auf dem Gelände humpelt uns eine alte Nonne entgegen und fragt giftig, ob wir auch bestimmt und wie viel bezahlt hätten. Wir wollen die Alte an die Geschichte mit Jesus im Tempel bei den Geldwechslern und Wucherern erinnern, aber leider reichen meine Sprachkenntnisse nicht aus.


Über Songololo kommen wir an die Piste nach Angola. Durch den Regen ist die Piste aufgeweicht und es wird eine Schlammschlacht. In Lufo werden die Ausreiseformalitäten gemacht. Problemlos. Selbst das Carnet wird abgestempelt, obwohl kein Einreisestempel drin ist. Der Beamte kapiert allerdings nicht, dass wir ausreisen wollen, und wir müssen das Einreiseformular ausfüllen und ein Passbild abgeben. Seinen Fehler will er natürlich nicht wahrhaben, aber in 15 Minuten sind wir draußen.
Wir sind in DRC nicht ein einziges Mal von der Polizei kontrolliert worden!!!

Und dann kommt Angola in Luvo
S 5.87941 E 14.08188:
Neue Abfertigungsgebäude, verspiegelte Schalter, gefliester Boden, wartende Menschen. Wir geben unseren Pass ab und dürfen uns setzen. Jetzt geht das Spiel mit der Nationalität wieder los. In den Pässen steht als Nationalität „Deutsch“. Kein Afrikaner kennt das. Nirgendwo ist „Deutsch“ übersetzt, lediglich ist auf der ersten Seite ist in zahlreichen Sprachen angegeben „Bundesrepublik Deutschland“. Wir hören, dass unsere Daten per Telefon durchgegeben werden und vermuten, dass mit Luanda telefoniert wird.
Die verspiegelten Fensterscheiben werden geschlossen, wir warten.
Nach 2 Stunden kommen einige Beamte aus ihrem Büro und sagen, wir sollen nach DRC zurück, weil wir keinen Ausreisestempel haben. Wir zücken die zweiten Pässe mit den Ausreisestempeln. Nun haben sie insgesamt vier Pässe von uns und verschwinden mit ihnen. Nach weiteren 30 Minuten kommen sie wieder und verlangen das Visum für Namibia. Wir benötigen keines und erklären es. Sie verschwinden und kommen tatsächlich nach 15 Minuten wieder und in unseren Pässen prangt ein Einreisestempel. Wir sind in Angola!
Der Zollfritze ist nicht in seinem Büro. Wir finden ihn und bitten um einen Stempel im Carnet. In seinem Büro angekommen studieren dann zwei Leute das Carnet. Er kommt zu uns und hat seinen Stempel auf die Seite der DRC gesetzt, wo der Einreisestempel fehlt. Nun haben wir eine Einreise nach Angola und gleichzeitig eine Ausreise aus DRC auf derselben Seite. Wir bitten ihn um Korrektur, was er auch zu unserem Erstaunen anstandslos macht. Also jetzt haben wir im Carnet: Einreise Angola und Ausreise DRC, nächste Seite Einreise Angola. Totaler Murks, bin gespannt, was der ADAC dazu sagt.
Wir sind in Angola und trinken das erste Bier in einer Bretterbudenkneipe: 2 US$ kostet ein Bier, das haut hin.
Wir werden an jeder Polizeikontrolle kontrolliert, jedes Mal das Theater mit dem Ausreisestempel aus DRC.
Wir finden knapp hinter der Grenze einen Steinbruch, in dem wir übernachten können und uns keiner stört.
 S 5.84344 E 14.07895